Börsen blicken nach Brüssel
Der Schuldenstreit zwischen Griechenland und seinen Gläubigern dürfte die Finanzmärkten auch in der neuen Woche dominieren. Denn die Verhandlungen des Mittelmeer-Anrainers mit seinen Gläubigern sind wegweisend für die Reformaussichten in anderen südeuropäischen Staaten. Die Aufmerksamkeit richte sich vor allem auf Spanien, wo im Jahresverlauf Parlamentswahlen anstehen, sagte Jens Klatt, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses FXCM. Da die Sparkurs-kritische „Podemos“-Bewegung Chancen habe, stärkste Kraft zu werden, müsse in den kommenden Wochen mit einem bereits überfälligen Rücksetzer des Dax gerechnet werden.
Am Freitag kletterte der Leitindex zwischenzeitlich auf ein Rekordhoch von 11.081,81 Zählern. An der Wall Street schlossen die Barometer Dow Jones und S&P-500 auf den höchsten Ständen ihrer Geschichte. Offenbar lassen sich Anleger von den derzeitigen politischen Krisen nicht verschrecken (siehe unten).
Dax-Firmen übertreffen Erwartungen
Börsianer erhoffen sich vor allem Unterstützung durch positive Firmenbilanzen und ermutigende Geschäftsprognosen. Schließlich profitierten die Unternehmen vom Ölpreis-Verfall, den niedrigen Zinsen und der Abwertung des Euro, betonte Aktienstratege Carsten Klude von MM Warburg. Nach Daten von Thomson Reuters Starmine haben bislang knapp 60 Prozent der Dax-Firmen mit ihren Geschäftszahlen die Analystenerwartungen erfüllt oder übertroffen.
Es ist total schwierig", sagt Adam Lessing, Österreich-Chef der Fondsgesellschaft Fidelity. Aber mit "schwierig" meint er gar nicht den Streit der Griechen mit der EU, nicht die Krise Ukraine-Russland und auch nicht das Vorrücken der IS in Nordafrika.
Lessing meint die Entscheidung für eine Anlageklasse: "Überall sind die Entwicklungen positiv, bei Aktien in den USA, Europa und China und auch bei Unternehmensanleihen", sagt er. 2014 habe es an den Kapitalmärkten nach Jahren des Aufschwungs teilweise eine kurze Atempause gegeben.
Nächste Rallye
Aber heuer beginne die zweite Phase der Rallye, ist er überzeugt. Rückenwind käme vor allem von der Konjunktur. In den USA gehe es schon deutlich aufwärts. Dort spüre man die positiven Auswirkungen von Schieferöl und -gas und die Innovationskraft. Aber auch Europa ziehe wieder an. "Natürlich gibt es schwache Länder. Aber wir kaufen nicht Aktien von Ländern, wir kaufen Unternehmen", erklärt Lessing. Und die Unternehmen seien großteils gut aufgestellt. Das belegt auch der am Freitag veröffentlichte Einkaufsmanagerindex für die Eurozone. Das Barometer, das Dienstleister und Industrie umfasst, zeige, dass die Eurozone auf Wachstumskurs eingeschwenkt habe. Vor allem die Rückkehr Frankreichs zu Wachstum ist deutlich erkennbar.
Vor diesem Hintergrund sind Aktien für Lessing ein "Muss" für jeden Anleger. Langfristig seien sie die einzigen Gewinnbringer. Fidelity hat US-Aktien zuletzt etwas reduziert und mehr in Europa veranlagt. Vorzug gibt er Titeln mit hoher Dividende.
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