BIP-Wachstum in Österreich 2018 kleiner als gedacht

BIP-Wachstum in Österreich 2018 kleiner als gedacht
Österreichs Wirtschaft ist 2018 schwächer gewachsen als bisher geglaubt. Doch nicht nur das

Österreichs Wirtschaft ist 2018 schwächer gewachsen als bisher geglaubt. Doch nicht nur das: Den Konjunkturhöhepunkt 2017, von dem Experten immer ausgegangen sind, hat es laut einer Datenrevision der Statistik Austria so gar nicht gegeben. Bei Wifo und IHS sieht man das als "überraschend" an. 2018 ist das heimische BIP real 2,4 Prozent gewachsen, statt der bis zuletzt angenommen 2,7 Prozent.

Der Konjunktur-Peak, der sich sehr stark Ende 2017/Anfang 2018 gezeigt habe, sei durch die erstmals veröffentlichten VGR-Daten für 2018 und die Revision der Jahre davor nun "weggeschnitten", meinte Wifo-Experte Jürgen Bierbaumer-Polly am Mittwoch zur APA.

Der Prognoseverantwortliche im Institut für Höhere Studien (IHS), Helmut Hofer, bezeichnete das der APA gegenüber als "ein bisschen überraschend", speziell "dass auch die Industrie keinen so klaren Peak 2017/18 gezeigt hat". Noch vor einem Jahr sei sogar diskutiert worden, ob nicht das Jahr 2017 nach oben revidiert werden müsse - tatsächlich wurde auch das dann nach unten gesetzt.

"Das Bild" insgesamt ist für den IHS-Fachmann aber deshalb "nicht über den Haufen geschmissen, sicher nicht". Die Stärke des damaligen Konjunkturhöhepunkts, für den es viele Anzeichen gegeben habe, sei nun "in den Daten weniger da als man es früher gesehen hat - Daten sind halt Daten." Auch der Wifo-Experte erinnerte daran, dass die Konjunktursituation 2017/18 deutlich über dem Vorkrisen-Niveau der Jahre 2006 bis 2008 gelegen sei - mit starker Industrie, prosperierender Auslandsnachfrage und guter Stimmung. "Das war ein schöner Konjunkturzyklus", so Bierbaumer-Polly. Nach den neuen Daten zeige sich das "aktuell nicht mehr." Dass die Herbstprognose 2019 wegen der 2018er Daten nun höher ausfallen müsste, sieht der Wifo-Experte nicht: Dafür entscheidendend seien die Daten der einzelnen Quartale und die seien "nicht so viel anders, als wir es in unseren Rechnungen hatten".

Die Statistik Austria betonte am Mittwoch, zwar liege das BIP-Plus für 2018 etwas unter den vorläufigen Schätzungen, trotzdem bedeute es das dritte Jahr in Folge mit einem markanten Wachstum. 2017 wuchs das BIP laut jüngster Revision nur um 2,5 Prozent, davor war man noch von 2,6 Prozent ausgegangen. Dafür wurde das BIP-Wachstum für 2016 von 2,0 auf 2,1 Prozent nach oben gesetzt.

2018 übertraf Österreichs Wachstum jenes der EU-28 (+2,0 Prozent) und der wichtigsten EU-Handelspartner Deutschland (+1,5 Prozent) und Italien (+0,9 Prozent). Zu laufenden Preisen lag das heimische BIP 2018 bei 385,7 Mrd. Euro (+4,2 Prozent) oder 43.640 Euro pro Einwohner. Für 2017 hatte die Statistik Austria vor einem Jahr das BIP-Plus von geschätzten 3,0 auf 2,6 Prozent reduziert.

Der produzierende Bereich wuchs 2018 mit real 4,8 Prozent deutlich über jenem des Dienstleistungsbereichs mit 1,7 Prozent, wobei sich alle bedeutenden Branchen durchwegs positiv entwickelten, so die Statistik Austria. Bestimmt wurde der produzierende Bereich vor allem durch ein kräftiges Wachstum in der Warenherstellung (real +5,1 Prozent). Die Energieversorgung, deren Anteil an der Bruttowertschöpfung allerdings gering ist, erzielte mit +6,5 Prozent das kräftigste reale Wachstum, die Bauwirtschaft +3,9 Prozent.

Im Dienstleistungssektor erzielte vor allem der Verkehr (real +4,5 Prozent) ein kräftiges Plus, ebenso mit jeweils real +3,0 Prozent die unternehmensnahen Dienstleistungen sowie Beherbergung/Gastronomie. Der Handel - die wichtigste Dienstleistungsbranche - legte 2018 real mit +1,9 Prozent wieder stärker zu als 2017 und 2016. Im Gegensatz dazu wuchs die Wertschöpfung aus staatsnahen Dienstleistungen (öffentliche Verwaltung, Erziehung und Unterricht sowie Gesundheits- und Sozialwesen) mit einem realen Wachstum von 0,7 Prozent eher gedämpft. Einen leichten Rückgang (real -0,5 Prozent) gab es bei Finanz- und Versicherungsdienstleistungen.

Verwendungsseitig legten die Bruttoinvestitionen mit real +3,6 Prozent bereits das fünfte Jahr in Folge deutlich dynamischer zu als die Konsumausgaben (real +1,1 Prozent). Die Investitionstätigkeit schwächte sich gegenüber 2017 (+4,5 Prozent) und 2016 (+3,9 Prozent) etwas ab. Anlagegüter wurde real um 3,9 Prozent stärker nachgefragt, dazu trugen vor allem Investitionen in Maschinen und Geräte (real +6,6 Prozent), aber auch die Bauinvestitionen (real +3,7 Prozent) bei. Bei den Bauinvestitionen wuchsen die Nichtwohnbauinvestitionen mit +5,4 Prozent deutlich stärker als die Wohnbauinvestitionen mit +1,3 Prozent. Insgesamt setzte sich bei den Bauinvestitionen mit real +3,7 Prozent der Aufwärtstrend von 2017 (+3,3 Prozent) fort. Die Investitionen in Transportmittel sanken real um 1,4 Prozent.

Die Konsumausgaben der Privathaushalte stiegen mit real 1,1 Prozent auch 2018 etwas stärker als die staatlichen Konsumausgaben (real +0,9 Prozent). Beim Privatkonsum verzeichneten die größten Verbrauchskategorien laut Statistik Austria moderate Zuwächse: So wuchsen die Ausgaben für Wohnen (Miete, Energie, Reparaturen) real nur 0,4 Prozent. Weitere bedeutende Ausgabenkategorien wie Beherbergungs- und Gaststättenwesen sowie Verkehr wuchsen real um 2,8 bzw. 0,8 Prozent.

Mit real +5,9 Prozent stieg die Exportnachfrage deutlich stärker an als in den Jahren davor (2017: +5,0 Prozent, 2016: +3,1 Prozent). Demgegenüber stand 2018 ein reales Plus von 4,6 Prozent bei den Importen. Der Außenbeitrag zu laufenden Preisen erreichte 2018 ein historisches Hoch von 14,4 Mrd. (2017: 12,2 Mrd.) Euro. Bereits das fünfte Jahr in Folge wurde auch im Warenverkehr ein Überschuss erwirtschaftet, wenngleich der überwiegende Teil des positiven Außenbeitrags aus der stark positiven Dienstleistungsbilanz (+10,7 Mrd. Euro) resultierte, zu der wiederum der Reiseverkehrsüberschuss entscheidend beitrug (+8,1 Mrd. Euro).

Der "BIP-Deflator - errechnet aus nominellem und realem BIP auf Vorjahrespreisbasis - stieg um 1,7 Prozent. Damit fiel die Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen inländischen Preisauftriebs schwächer aus als die Veränderungsrate des VPI (+2,0 Prozent).

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