Billigfabriken für westliche Mode
Kinderarbeit, niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen gibt es nicht nur in Textilfabriken in Asien. Unter ähnlichen Bedingungen wird auch in der EU genäht. Das belegt eine Studie mit dem Titel "Stitched Up" über die Textilindustrie in zehn europäischen Ländern und der Türkei von der Clean Clothes Campaign, einer Vereinigung europäischer Gewerkschaften und NGOs aus 16 europäischen Länder.
"Stitched Up zeigt, dass ehemalige sozialistische Länder in Europa als Hinterhof für billige Arbeit für westeuropäische Modelabels und Händler dienen", schreiben die Autoren. Fast jeder, der in diesen Ländern für Firmen wie Hugo Boss, Adidas, Zara, H&M oder Benetton arbeite, erhielten einen Lohn, der unter der Armutsgrenze liege.
In Kroatien beträgt das Durchschnittseinkommen der Textilarbeiter 308 Euro. Die monatlichen Ausgaben einer vierköpfigen Familie liegen laut Gewerkschaftsangaben aber bei durchschnittlich 878 Euro. Oft werden Textilarbeiter am Monatsende gar nicht bezahlt, wie im Fall einer Fabrik in der Nähe von Zagreb. "Man schuldet den Arbeitern drei Monatslöhne und neun Reisekostenerstattungen", sagt die kroatische Gewerkschafterin Mariana Ivandic.
Oft sei es schwer, Informationen zu bekommen. "Viele Markenfirmen veröffentlichen ihre Lieferantenliste leider nicht", sagt Christa Luginbühl, Mitautorin des Berichts. Aber: "Während unserer Recherche sind wir auch auf Teile von internationalen Lieferketten gestoßen, die darauf hinweisen, dass relativ viel via griechischen Firmen gehandelt wird und dann in Billig-Ateliers im Grenzgebiet Griechenland-Bulgarien, und Griechenland-Mazedonien ausgelagert wird."
Da es oft nicht viele Alternativen zum Verdienen gebe, sei man gezwungen, auch unterbezahlte Jobs in Kauf zu nehmen. "Vom Beruf bin ich eigentlich Volkswirtin, weil es aber keine anderen Jobmöglichkeiten gibt, muss ich nähen", erzählt eine Frau in Bulgarien. Die Löhne liegen dort zwischen 129 und 340 Euro, aber wenn sie mangels Aufträge in Zwangsurlaub geschickt wird, käme sie auf etwa 50 Euro.
Hungerlöhne
In Rumänien, wo die Textilindustrie 34 Prozent der Exporte ausmacht, bekommen die Arbeiter zwischen 124 und 261 Euro im Monat, Überstunden inklusive. "Wie leben wir? Mit Kartoffeln, Gemüse und manchmal Wurst, die wird aber auch immer teurer", erzählt Alexandra. Ihr Mann ist Pensionist, ihr 19-jähriger Sohn arbeitslos und selbst Vater.
"Die meisten Textilarbeiter Leben in Armut", sagt Bilge Seckin, von der Clean Clothes Campaign in der Türkei. Denjenigen, die in Fabriken beschäftigt seien, gehe es verhältnismäßig gut. "In der Türkei ist die Hälfte aller Arbeiter nicht registriert, und hat keine Rechte", erzählt sie. Besonders in den Billig-Ateliers in Ostanatolien sei es schlimm. Dort würden die Beschäftigten bis zu 14 Stunden am Tag werken. Meist sind es Frauen, die nicht angemeldet seien, syrische Flüchtlinge ohne Arbeitserlaubnisse, aber auch Kinder.
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