Berlusconi unter Aufsicht des IWF
Der Druck auf Premier
Silvio Berlusconi in der Schuldenkrise wächst. Italien muss künftig seine Reformen nicht nur von der EU-Kommission, sondern auch vom Internationalen Währungsfonds (IWF) prüfen lassen. Damit sollen das fehlende Vertrauen der Finanzmärkte wieder gewonnen und nervöse Investoren beruhigt werden. Eine vorsorgliche Kreditlinie werde, so ein EU-Vertreter, Italien vorerst aber nicht benötigen.
Die Botschaft der IWF-Überwachung ist klar: Man stellt Berlusconi einen Aufpasser an die Seite, um einen weiteren Fall wie Griechenland zu verhindern. Eine erste IWF-Mission wird kommende Woche nach Rom aufbrechen. Dass die kurze Leine des Internationalen Währungsfonds einer Beschneidung der italienischen Souveränität gleichkomme, bestritt Italiens Premier Silvio Berlusconi gestern heftig: "Der IWF wird keine Urteile über die Reformen abgeben, sondern nur bezeugen, dass die mit der EU vereinbarten Maßnahmen umgesetzt werden, was mit keinerlei Einschränkung verbunden ist."
Demütigung
Hinter den Kulissen heißt es jedoch, dass Berlusconi nur ungern in die Bevormundung eingewilligt hat. Die Demütigung überspielte er und bedankte sich beim Arbeitsessen während des
G-20-Gipfels besonders höflich bei IWF-Chefin Lagarde.
Berlusconi versagte bisher als Krisenmanager kläglich. Selbst in den eigenen Reihen trauen ihm viele nicht mehr zu, die Staatsschulden in Höhe von 120 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in den Griff zu bekommen. Dennoch versprach er in Cannes die Umsetzung von Reformen. Doch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy zweifeln an der Fähigkeit Berlusconis, die geplanten Maßnahmen zeitgerecht durchzubringen.
Kein Spielraum
Gerade hier liegt das Problem, denn die Dauerkrise der italienischen Führung schränkt den Aktionsradius ein. Die Verabschiedung des erweiterten Sparpakets wird Berlusconi in den nächsten zehn Tagen erneut mit dem Vertrauensvotum verknüpfen. Doch seine Mehrheit, vor allem in der Abgeordnetenkammer, bröckelt weiter: Sechs Parlamentarier haben diese Woche das sinkende Schiff verlassen und seinen Rücktritt gefordert. "Die kommen zurück", gab sich der Cavaliere optimistisch und rühmte sich: "Ich habe nicht den Eindruck, dass meine Erfahrung als Premier am Ende ist. Ich sehe keine anderen Persönlichkeiten, die in der Lage wären,
Italien würdevoll zu repräsentieren." Doch die nächste Hürde wartet bereits nächsten Dienstag bei einer entscheidenden Budgetabstimmung auf den Premier.
Als Ausweg werden mit Staatspräsident Giorgio Napolitano folgende Optionen diskutiert: vorgezogene Neuwahlen, eine Expertenregierung, aber auch (durchaus realistisch) ein Fortbestand der Regierung Berlusconi und somit der Stagnation des Landes. Die Opposition will einen Misstrauensantrag stellen. Sie fürchtet, dass die Mitte-rechts-Regierung nicht in der Lage sein wird, den Schuldenberg abzubauen und das Wachstum anzukurbeln.
Am Samstag ruft die Demokratische Partei (PD), die stärkste Opposition, in Rom zu einer Großdemo auf. Vierzehn Sonderzüge und hunderte Busse bringen Demonstranten aus ganz Italien zum "Fest der Demokratie". Die Organisatoren rechnen beim Aufstand der Zivilgesellschaft gegen die Regierung mit Hunderttausenden Teilnehmern.
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