Berlusconi gegen "deutscheres Europa"

Italiens Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi spricht sich gegen ein "deutscheres
Europa" aus. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel werde in Italien "keineswegs" nur als Reizfigur wahrgenommen. "Wir kritisieren nur die übertrieben strenge Sparpolitik, weil wir denken, dass sie den Fortschritt hemmt. Wir wünschen uns ein europäischeres Deutschland, und kein `deutscheres` Europa.", sagte Berlusconi im Interview mit der Bild-Zeitung.
"Man spürt derzeit eine gewisse deutsche Vormachtstellung in Europa. Und gerade deshalb wünschen wir uns von Berlin eine weitblickende, solidarische und offene Europapolitik." Als Beispiel nannte er seinen Vorschlag, Tony Blair zum EU-Ratspräsidenten zu machen. "Mit ihm hätten die USA endlich gewusst, wen sie anrufen sollen, wenn es um die Position Europas geht. Angela Merkel und Nicolas Sarkozy haben sich jedoch anders entschieden. Mit der offensichtlichen Absicht, die europäische Politik in den eigenen Händen zu behalten."
Kritik übte er auch in Sachen Geldpolitik. "Mit dem Euro wurde die Wirtschaftsbilanz Deutschlands verbessert, die Italiens verschlechtert." Eine Rückkehr zu den Landeswährungen erscheint ihm trotzdem unwahrscheinlich. "Sie würde - was ja wohl niemand will - den Fehlschlag des historischen Projekts eines geeinten Europas bedeuten."
Wirtschaft schrumpft weniger, als angenommen
Italiens Wirtschaft wird nach Einschätzung der Regierung etwas geringer schrumpfen als bislang von Notenbank und Industrie erwartet. Er gehe davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um "etwas weniger als zwei Prozent" zurückgehe, sagte der neue Wirtschaftsminister Vittorio Grilli in einem am Sonntag veröffentlichten Interview dem "Corriere della Sera". Die Notenbank hat die Rezession der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone bislang auf zwei Prozent geschätzt, der Arbeitgeberverband auf mehr als 2,4 Prozent.
Grillis Angaben zufolge nimmt der Staat zudem durch ein konsequenteres Eintreiben von Steuern in diesem Jahr zehn Milliarden Euro zusätzlich ein. Auch sollen nach seinen Worten Privatisierungen bis auf weiteres jährlich 15 bis 20 Milliarden Euro in die Staatskasse spülen und der Regierung dabei helfen, den Haushalt in Ordnung zu bringen. Neben Spanien steht auch Italien unter Druck, das Vertrauen der Finanzmärkte zurückzugewinnen, damit seine Refinanzierungskosten am Kapitalmarkt wieder auf ein dauerhaft erträgliches Niveau sinken.
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