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Wirtschaft

Berlin-Athen: Der Ton wird rauer

Deutsche Koalitionspolitiker sprechen nun offen über einen Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone.

02/18/2012, 08:57 AM

Nach monatelangem Gezerre um das Sparprogramm wird der Ton rauer: Der deutsche CSU-Chef Horst Seehofer legt Griechenland einen Austritt aus der Eurozone nahe. "Wenn Griechenland nicht willens oder in der Lage ist, die Sparzusagen zu erfüllen, dann sollte es die Eurozone verlassen", sagte Seehofer dem Spiegel und kündigte damit ein Veto seiner Partei im Bundestag gegen das geplante zweite Rettungspaket für Griechenland an.

Auch weitere Politiker aus dem Regierungslager von Union und FDP hielten den Verantwortlichen in Athen Unfähigkeit vor und plädierten für einen Rauswurf des hoch verschuldeten Landes aus der Eurozone. Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler sagte der Bild, dem Land drohten "Weimarer Verhältnisse" mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen.

Ähnlich die Wortführer aus der Opposition: SPD-Parteichef Sigmar Gabriel mahnte in der Rheinischen Post, die Grenze der Belastbarkeit der Griechen sei bereits erreicht. Er appellierte an die EU, die Konten wohlhabender Griechen zu sperren und Steuerflucht zu unterbinden.

"Junta Schäuble"

Zuvor war am Donnerstag bekanntgeworden, dass Griechenlands Staatspräsident Karolos Papoulias Kritik an einer Bevormundung durch Deutschland geäußert und dabei insbesondere Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) angegriffen hatte. Einem Zeitungsbericht zufolge sprach Papoulias von einer "Junta Schäuble". Schäuble hatte am Mittwoch zu der Griechenland-Hilfe gesagt: "Wir können helfen, aber wir können nicht in ein Fass ohne Boden schütten."

Angespannt

In Griechenland wird seit Wochen auf die öffentlichen Zurechtweisungen deutscher Politiker empfindlich reagiert, Medien zogen sogar Vergleiche mit dem Größenwahn des Nazi-Regimes.

Das deutsch-griechische Verhältnis gilt spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg und der brutalen deutschen Besatzung ohnehin als kompliziert. Zu den verächtlichen Kommentaren in Deutschland kommen die verbrannten deutschen Fahnen in Athen. Griechische Zeitungen druckten eine Fotomontage, die Angela Merkel in Nazi-Uniform zeigt. Der griechische Verbraucherverband hat zum Boykott deutscher Waren aufgerufen und polemisiert, aus dem Land solle ein neues "Dachau" gemacht werden.

Nächste Hürde soll am Montag genommen werden

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wird heute mit ihrem italienischen Amtskollegen Mario Monti telefonieren - dabei dürfte es auch um das Treffen der Euro-Finanzminister gehen, die am Montag über ein zweites Hilfspaket für das hoch verschuldete Griechenland entscheiden wollen. Dieses soll nach bisherigen Plänen einen Gesamtumfang von rund 130 Mrd. Euro haben.

Indes sind die Verhandlungen über einen Forderungsverzicht der privaten Anleihengläubiger über rund 70 Prozent nach Angaben der griechischen Regierung weit gediehen. Sie können aber erst abgeschlossen werden, wenn das zweite Paket der Euro-Länder und des IWF steht.

Und was sagen die deutschen Bürger?

Nahezu die Hälfte der Deutschen befürwortet einer aktuellen ARD-Umfrage zufolge weiterhin Hilfsmaßnahmen der anderen Euro-Staaten für Griechenland. 48 Prozent der Deutschen sind dieser Meinung. 43 Prozent wollen Griechenland pleite gehen lassen.

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