BAWAG-Prozess wird ohne Elsner fortgesetzt

Beim zweiten BAWAG-Strafprozess ist der angeklagte Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner wie erwartet trotz Ladung am Landesgericht Wien am heutigen Dienstag nicht erschienen. Ein verärgerter Richter Christian Böhm hat das Verfahren gegen den herzkranken Elsner vom Hauptverfahren vorerst ausgeschieden, um das Verfahren gegen die anderen sieben Angeklagten, darunter der Spekulant Wolfgang Flöttl, fortzusetzen.
Die Verteidiger von Elsner haben in der heutigen Verhandlung erklärt, dass sich der Ex-BAWAG-Chef noch im deutschen Bad Reichenhall befindet und noch am Dienstag zur Abklärung eines Angina-Pectoris-Vorfalls stationär aufgenommen werden solle. Auf Nachfragen von Böhm über eine Bestätigung über die stationäre Aufnahme konnten die Anwälte Elsners aber eine solche nicht vorlegen; die Aufnahme solle erst um 10 Uhr erfolgen. Böhm trug ihnen eine befristete telefonische Rufbereitschaft für heute auf. Die Anwälte seien auch für morgen, Mittwoch 9 Uhr, geladen, um den weiteren Verlauf zu besprechen.
Neue Befunde
Elsners Anwalt Jürgen Stephan Mertens beantragte, dass sich der Herz-Sachverständige des Gerichts die neuen Befunde aus Bad Reichenhall besorgen soll, um die Verhandlungsfähigkeit Elsners zu prüfen, was Richter Böhm verärgerte. Elsner sei so schwer krank und laut ihren Aussagen seit Monaten in Behandlung, deshalb könne er es nicht verstehen, warum die Unterlagen nicht da seien. Die Anwälte widersprachen Richter Böhm, sie hätten immer wieder Befunde zur Verfügung gestellt. Es gehe nicht "um die Quantität, sondern um die Qualität der Unterlagen".
Elsner war im ersten Prozess rechtskräftig wegen Untreue zur Höchststrafe von zehn Jahren verurteilt worden, wovon er viereinhalb Jahre abgesessen hat, bis er im Sommer 2011 aus gesundheitlichen Gründen für haftunfähig erklärt worden war und entlassen wurde. Im zweiten BAWAG-Strafprozess ist Elsner nur wegen einer Subsidiarklage der BAWAG mitangeklagt - die Staatsanwaltschaft hatte auf eine neuerliche Anklage verzichtet. Auf die Einvernahme Elsners wird vonseiten der Anklage nicht verzichtet. Richter Böhm will in dem Verfahren die umfangreichen Einvernahmen Elsners aus dem ersten Verfahren vorlesen. Die Bank will auf Elsners Pensionsabfindung zugreifen und erhofft sich durch die Klage bessere Chancen im Zivilverfahren.
Flöttl-Vermögen
Am Dienstag stand vor allem das Vermögen des ebenfalls angeklagten Spekulanten Wolfgang Flöttl im Vordergrund. Die BAWAG hatte Flöttl nach den Verlusten in den Karibik-Geschäften wiederholt Kredite gewährt, wobei das Vermögen Flöttls als ausreichend für die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung angesehen worden ist. Böhm wollte von den Angeklagten heute wissen, wann sie vom "ausreichenden Vermögen" Flöttls informiert worden waren.
Die angeklagten Ex-BAWAG-Vorstände - Christian Büttner, Herbert Kreuch und Josef Schwarzecker sowie der damalige BAWAG-Generalsekretär Peter Nakowitz - betonten, dass sie von Elsner über das Vermögen Flöttls informiert worden waren. An Details, wann das war, erinnerten sie sich heute nur eingeschränkt.
Büttner betonte, dass er sich auch nach dem Bekanntwerden des Totalverlustes aus dem Karibik-II-Geschäften im Oktober 1998 über die Werthaltigkeit des Flöttl-Vermögens informiert habe. Außerdem hätte ja der damalige Wirtschaftsprüfer, der Mitangeklagte Robert Reiter, das Flöttl-Vermögen ohne Beanstandungen für die Bilanz geprüft, meinte Büttner heute.
Darüber hinaus hätte allein der Verkauf des Van-Gogh-Gemäldes "Portrait des Dr. Gachet" rund 100 Mio. Dollar eingebracht. Kreuch und Schwarzecker sagte heute aus, dass sie sich auf die Aussagen Elsners vertraut hätten. Für Schwarzecker galt Elsner als "Kunstexperte", außerdem hätte er viel Kontakt mit dem angeklagten Flöttl gehabt.
Das neuerliche Nichterscheinen Elsners erschwert die Arbeit des Gerichts wesentlich und führt zu Verzögerungen. Richter Böhm kommt in den zentralen Punkten ohne Elsners Aussagen nunmehr schwer voran, weshalb er auf das Verlesen von Protokollen ausgewichen ist.
Wie lange das so weiter gehen kann, scheint aber unklar zu sein. Sollte Elsner auch weiterhin nicht erscheinen, dann könnte nach einer gewissen Zeitspanne - dabei dürfte sich um Wochen handeln - letztlich auf seine Aussagen verzichtet werden. Der Prozess wird am Mittwoch mit weiteren Protokoll-Verlesungen fortgesetzt.
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