Fabrikunglück krempelte Textilbranche um
Seit dem verheerenden Fabrikeinsturz in Bangladesch sind in dem Entwicklungsland 218 Textilfabriken geschlossen worden. Zu den Ursachen gehörten Verstöße gegen Vorschriften, Proteste der Arbeiter und zu wenig Aufträge, erklärte der Verband der Textilfabrikanten und -exporteure. Nach der Rana-Plaza-Katastrophe vor anderthalb Jahren, bei der mehr als 1100 Menschen ums Leben kamen, üben internationale Auftraggeber mehr Druck auf die Hersteller in Bangladesch aus.
Mehr Kontrollen, weniger Ausfuhren
Die Textilindustrie in dem Land befinde sich im Wandel, sagte Verbandspräsident Atiqul Islam. Sowohl die Regierung in Dhaka als auch internationale Konzerne und die örtlichen Betreiber führten nun häufiger Betriebskontrollen durch. Die neue Vorsicht schlägt sich im Auftragsrückgang nieder: Nach Jahren starken Wachstums verringerte sich der Export von Webwaren zuletzt leicht, die Ausfuhren von Strickwaren stiegen nur noch leicht.

Nach der Katastrophe fanden sich Auftraggeber in zwei großen Bündnissen zusammen, die die Einhaltung von Standards in den Fabriken Bangladeschs sicherstellen sollen. Mehr als 150 vor allem europäische Handelskonzerne unterzeichneten das Abkommen für Feuer- und Gebäudesicherheit, während vor allem US-Unternehmen die Allianz für Arbeitersicherheit schlossen.
In Bangladesch sind insgesamt etwa 4000 Textilfabriken registriert. Das Land ist nach China der wichtigste Produzent von Kleidung, jedes Jahr werden Waren im Wert von etwa 19 Milliarden Euro ausgeführt – die meisten nach Europa und in die USA.
Wollen Konsumenten wissen, wo ein Kleidungsstück hergestellt wurde, werden sie nicht selten in die Irre geführt. Ganz legal. Ein Regelwerk, das genau festlegt, welche Be- und Verarbeitungsschritte an einem Produkt zu setzen sind, um etwa „Made in Austria“ anzubringen, existiert nicht. Die EU schreibt nur recht vage vor, das Land als Herkunftsland zu bezeichnen, in dem „die letzte wesentliche, wirtschaftlich gerechtfertigte Be- und Verarbeitung“ vorgenommen wurde. Ein paar letzte Handgriffe im Inland und schon kann die Lohnfertigung im Billiglohnland verschleiert werden. Falsch-Deklarierung wäre aber unlauterer Wettbewerb.
Pläne der EU, „Made in ...“-Kennzeichnung nur noch zu erlauben, wenn mindestens 45 Prozent der Wertschöpfung aus diesem Land stammen, liegen auf Eis. Das 2004 eingeführte, freiwillige Label „Made in the EU“ wird in erster Linie von osteuropäischen Ländern verwendet.
Immer mehr Hersteller greifen zu Marketing-Labels wie „Made by ...“, „Designed in ...“ oder „Developed in ...“, die freilich nichts über den Fertigungsort aussagen. Neueste Verschleierungstaktik für „Made in China“ ist „Made in PRC“ (steht für People’s Republic of China). Faire Arbeitsbedingungen kennzeichnen Labels wie GOTS „Global Organic Textile Standard“ oder „Fairtrade“.
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