Autobranche leidet unter Corona-Krise
Die Coronapandemie hat die Autokonzerne fest im Griff: Nach Daimler präsentierten am Donnerstag auch Volkswagen und Renault Milliardenverluste für das Krisen-Quartal. Der Rotstift kursiert bereits in der Branche, tausende Stellen fallen weg. Bei Volkswagen schlug wegen des Absatzrückgangs zwischen April und Juni ein Betriebsverlust von 2,4 Mrd. Euro zu Buche.
Zum Vergleich: Bei Daimler waren es auf vergleichbarer Ebene 1,7 Mrd. Euro. Anders als Daimler will VW seinen Sparkurs vorerst aber nicht verschärfen. Der Konzern wurde durch den VW-Dieselskandal vor einigen Jahren schon dazu gezwungen und steuern nun bei Bedarf nach. Am stärksten leidet Renault unter der Krise: Die Franzosen fuhren im ersten Halbjahr einen Rekordverlust von 7,3 Mrd. Euro ein.
"Das erste Halbjahr 2020 war durch die Covid-19-Pandemie eines der herausforderndsten in unserer Unternehmensgeschichte", sagte Volkswagens Finanzchef Frank Witter. In den letzten Wochen habe sich jedoch eine Erholung abgezeichnet. Volkswagen blicke daher vorsichtig optimistisch auf das zweite Halbjahr. Für 2020 bekräftigte Witter die Prognose, wonach Auslieferungen und Umsatz deutlich unter dem Niveau des Vorjahres liegen werden. Beim operativen Ergebnis geht das Management weiter von einem "gravierenden Rückgang" aus, rechnet aber nicht mit einem Verlust. Auf die geplante Erhöhung der Dividende müssen die Aktionäre aber verzichten. Darüber soll die Hauptversammlung Ende September entscheiden.
Nach dem Lockdown zur Eindämmung der Pandemie laufen die Fabriken in Europa zwar wieder, die Händler haben geöffnet. Auf ihren Höfen stauen sich jedoch viele Autos, weil die Kundschaft aus Angst vor der Rezession große Anschaffungen scheut. Viele Menschen sind zudem von Arbeitslosigkeit bedroht. Staatliche Kaufprämien kurbeln den Absatz zwar an. Für das Gesamtjahr geht die Branche dennoch von einem deutlichen Absatzminus aus. Volkswagen etwa rechnet in Westeuropa mit einem Marktrückgang von rund 25 Prozent.
Auch Daimler hat einen Hoffnungsschimmer für sein Geschäft ausgemacht: Er sehe erste Anzeichen einer Erholung, insbesondere bei der Pkw-Tochter Mercedes-Benz, sagte Konzernchef Ola Källenius bei der Präsentation der Zwischenbilanz vor einer Woche. Seine Erwartung stützt er, wie auch Volkswagen-Boss Herbert Diess, auf den chinesischen Markt, der als Wachstumsmotor wieder angesprungen ist. Dass das Land, in dem Covid-19 als erstes ausgebrochen war, bald zu alter Stärke der Wirtschaft zurückkehrt, setzt voraus, dass sich die Folgen einer befürchteten zweiten Pandemiewelle in Grenzen halten.
Deutlich schlechter geht es Renault: Der kleinere Konkurrent steckt nach dem Rekordverlust vor großen Problemen: "Die heutigen Ergebnisse werden ein beunruhigender Weckruf sein", sagte der neue Vorstandschef Luca de Meo, der bis vor Kurzem die spanische VW-Tochter Seat geführt hat. Den Franzosen macht neben Corona auch die Krise beim japanischen Partner Nissan zu schaffen, die durch den Rausschmiss von Konzernchef Carlos Ghosns verschärft wurde. "Wir erreichen derzeit den Tiefpunkt einer negativen Kurve, die vor einigen Jahren und wahrscheinlich sogar noch früher begonnen hat", sagte de Meo. "Wir befinden uns in einer komplexen, schwierigen Situation." Der neue Renault-Chef muss den angekündigten Sparkurs verschärfen, tausende Arbeitsplätze abbauen und die Modellpalette zusammenstreichen.
Die Opel-Mutter Peugeot konnte sich im ersten Halbjahr zwar in der Gewinnzone halten. Für den Zeitraum April bis Juni gehen Analysten aber auch beim größten französischen Autokonzern von tiefroten Zahlen aus. "Es kann eigentlich kein Hersteller außer Tesla in den schwarzen Zahlen sein", sagte Frank Schwope von der NordLB. Es gibt auch andere Ausnahmen: Unter den Pkw-Marken von Volkswagen wiesen Porsche und die tschechische Tochter Skoda im ersten Halbjahr einen operativen Gewinn aus.
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