ATX droht weitere Talfahrt

Die Performance des ATX ist eine der schlechtesten unter den europäischen Aktienmärkten - nur Griechenland ist schwächer. Die Aktienkurse an der Wiener Börse sind seit Jahresanfang bereits um 31 Prozent abgestürzt, haben aber ihren Tiefststand möglicherweise noch immer nicht erreicht. "Im schlimmsten Fall sehe ich noch einmal ein Downside-Szenario von 15 bis 20 Prozent", so der Chefanalyst der zur italienischen UniCredit gehörenden Bank Austria, Thomas Neuhold, am Dienstag. Das beherrschende Thema, das die Märkte überschatte, sei die weitere Entwicklung der Schuldenkrise. Die Konjunktur trübt sich zusehends ein.
"Die negative Stimmung ist in der Realwirtschaft noch nicht angekommen - bei unseren Kunden sind die Auftragsbücher bis zum Jahresende gefüllt, aber in konjunktursensiblen Branchen spürt man schon einen Nachfragerückgang", berichtete der Bank-Austria-Vorstand für Corporate & Investment Banking, Dieter Hengl.
Aktienkauf
Beim Aktienkauf sollte der Fokus auf Unternehmen mit einem defensiven Geschäftsmodell bzw. hohem Gewinnwachstum liegen. "Wir sind für einige Aktientitel positiv gestimmt, doch solange die Staatsschuldensituation nicht klar und nachhaltig gelöst ist, behalten wir eine defensive Ausrichtung für unser Musterportfolio bei", so Neuhold. Angesichts des turbulenten Umfeldes empfiehlt die UniCredit Werte wie conwert, Immofinanz, Lenzing, Post, RHI und voestalpine.
Langfristig sei der Ausblick positiv, kurzfristig herrsche noch Unsicherheit. Auf Sicht von zwölf Monaten erwartet die Bank Austria für den ATX einen kräftigen Aufwärtstrend bis 2.700 Punkte. Derzeit liegt der Index knapp unter der 2.000-er Marke. Im Moment herrsche "eher ein negatives Revisionsrisiko" vor, so der Leiter des Aktienresearch Österreich. In den kommenden Wochen seien auch in Wien negative Gewinnprognosen zu erwarten.
Heimische Unternehmen gut gerüstet
Die österreichischen Unternehmen seien für eine nächste Krise "gut gerüstet". Viele hätten ihre Nettoverschuldung deutlich reduziert, sagte Neuhold und verwies beispielsweise auf den oberösterreichischen Stahlriesen voestalpine. Die geringere Verschuldung senke das Unternehmensrisiko im Krisenfall deutlich. Andere wiederum, beispielsweise die Post, verfügten über hohe Cash-Bestände. Auch das Verhältnis zwischen Umlaufvermögen und Umsatz sei generell deutlich gesenkt worden.
Die Gewinne der heimischen Unternehmen seien nach der (vergangenen) Krise stark gestiegen, es habe aber "nicht diese Exzesse" wie vor der Krise gegeben. Derzeit liegen die Gewinne laut Neuhold immer noch um 36 Prozent unter den Höchstständen 2008. Der in den kommenden Monaten mögliche Absturz werde daher "bei weitem nicht so stark ausfallen". Die Aktien seien attraktiv, doch das Problem sei die Schuldensituation in Europa. "Das Damoklesschwert ist, dass es derzeit keine klare Lösung gibt, wie das strukturelle Problem behoben werden soll", so Neuhold.
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