Wrabetz-Wahl: Machtpoker mit Nachspiel

Ein lächelnder Mann im Anzug gibt zwei Daumen hoch vor einem ORF-Logo.
Postenschacher: Der vom KURIER veröffentlichte Geheimpakt zwischen ORF-Chef Wrabetz und dem BZÖ und die möglichen Konsequenzen.

Der Geheimpakt für die Besetzung des mächtigsten Medienpostens der Republik, der vom KURIER veröffentlicht wurde, sorgt für Aufregung. Erstmals gibt es einen schriftlichen Beleg für den Postenschacher, der für ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz unangenehme Folgen haben könnte – rechtliches Nachspiel inklusive.

Wrabetz hatte sich im August 2006 durch einen Deal mit BZÖ-Politiker Peter Westenthaler den Chefsessel des ORF gesichert. Schlüsselpassage des Papiers: "Das BZÖ bringt zumindest 4 Stimmen für die Wahl von Dr. Wrabetz am 17. August 2006." Das BZÖ hielt sich an die Abmachung, Wrabetz bekam insgesamt 20 der 35 Stimmen des politisch besetzten Stiftungsrates. Im Gegenzug wurden elementare ORF-Personalwünsche der Orangen erfüllt, die ebenfalls in dem Papier dokumentiert sind. Drei wichtige Direktorenposten "für zumindest vier Stimmen des BZÖ für die Wahl von Dr. Wrabetz am 17. August 2006." Wrabetz hat demnach durch Zugeständnisse an die Politik den Gipfel des Küniglbergs erklommen.

Verärgerung

Ein Mann in Anzug und Krawatte gestikuliert mit den Händen.

Der bekannte Medienmanager Rudi Klausnitzer, 2006 ebenfalls Kandidat für den ORF-Chefposten, übt heute Kritik: "Wenn das alles stimmt, dann hätte man sich die Einladung von anderen Kandidaten zum Hearing sparen können." Österreichs Politik habe leider "querdurch ein Problem im Umgang mit Einfluss über Aufsichtsgremien, in die hauptsächlich Abhängige geschickt werden."

Probleme könnten nun auf Alexander Wrabetz zukommen, wie namhafte Rechtsexperten erläutern. "Vom moralischen Standpunkt her braucht man über diesen Handel ohnehin nicht debattieren", sagt Verfassungsrechtler Heinz Mayer. Zudem dürfte ein derartiger Pakt laut Mayer gegen das ORF-Gesetz verstoßen.

Ein Medienrechtsexperte sagt: "Das ist eine Verletzung der im ORF-Gesetz festgeschriebenen Unabhängigkeit. Die Äquidistanz zu allen Lagern muss eingehalten werden." Verfassungsjurist Bernd Christian Funk indes meint, die Unabhängigkeit im Gesetz beziehe sich auf die Programmgestaltung und die journalistischen Arbeitsbedingungen. Überdies sei das zwischen Wrabetz und Westenthaler erstellte Papier noch kein Beleg, dass der Wahlvorgang rechtswidrig gewesen wäre. Funk: "Der Fall obliegt der politischen Beurteilung."

Der Poker mit der Politik könnte für ORF-Chef Wrabetz aber auch strafrechtliche Folgen haben – dies hält nicht nur Verfassungsrechtsprofessor Heinz Mayer für möglich.

Verteidigung

Ein Zettel mit einer Liste von Namen und Funktionen, befestigt mit einer Reißzwecke.

Strafrechtsexperten meinen zum KURIER, der Verdacht der Untreue sowie der verbotenen Intervention durch Wrabetz sei untersuchungswürdig. Bei der "Verbotenen Intervention" geht es sinngemäß um die Einflussnahme bei Amtsträgern, um für sich einen Vorteil zu fordern. Der Vorteil wäre durch die vier BZÖ-Stimmen gegeben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Wrabetz zeigte sich gegenüber der APA verwundert, warum nun ein "Käsezettel" auftauche und aufgeblasen werde. Es habe keine Vereinbarung mit dem BZÖ gegeben, lediglich habe es Gespräche gegeben, "und zwar mit verschiedenen Stiftungsräten und Medienpolitikern."

Zum Wohl für alle Wrabetz-Wähler

Es sind klingende Namen, die auf dem Wrabetz-Westenthaler-Personalpapier aus dem August 2006 geschrieben stehen. Einige Führungskräfte der zweiten Reihe wurden gestrichen, andere dazu gemalt, wieder andere – wie etwa Armin Wolf – wussten nichts von ihrem Glück.

Wrabetz notierte handschriftlich den Technischen Direktor (Moosmann) auf den Beleg, von ihm stammt auch der Vermerk, wonach der "politische Teil" des Teletextes ins Radio wandern sollte. Offensichtlich wurde mit Westenthaler auch über ein Ö3-Comeback von Hary Raithofer diskutiert – Wrabetz vermerkte dazu "Programmchef". Auch dieser Plan wurde nicht realisiert, da man ja auch auf Begehrlichkeiten der anderen Wrabetz-Wähler im Stiftungsrat (neben dem BZÖ eine Regenbogenkoalition aus SPÖ, FPÖ und Grüne) Rücksicht nehmen musste. Aus Westenthalers Feder stammt der Name "Lorenz", der Programmdirektor werden sollte.

Regenbogen
Chefredakteur wurde schließlich der SPÖ-nahe Karl Amon, weil Infodirektor Oberhauser auf ihm bestanden hatte. Dafür erhielt Hanno Settele den begehrtesten Korrespondentenposten – Washington. Thomas Prantner war auch der FPÖ recht. Und die Grünen erhielten mit Pius Strobl den Kommunikationschef.

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