Kralinger: „Umgangsformen in manchen Foren sind ein Problem“

Nahaufnahme einer Computertastatur, auf der ein Finger die Taste mit dem Hashtag drückt.
Nach dem Vorstoß von Kommunikationsberater Wolfgang Rosam, nimmt nun auch der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) Stellung zur Debatte über Anonymität und Posting-Kultur.

Der VÖZ verfolgt die Privatinitiative Die Meinungsmutigen von Wolfgang Rosam mit großem Interesse. Seit mehr als fünf Jahren befassen sich der Verband und seine Mitglieder mit dem Thema anonyme Postings. "Dazu haben einige Mitgliedsmedien bereits in den vergangenen Jahren Initiativen gesetzt. Daraus haben sie sehr unterschiedliche Schlüsse und Ergebnisse gezogen. Die eine, für alle Anwendungsfälle mustergültige, Lösung wird es in dieser Frage nicht geben", betont VÖZ-Präsident Thomas Kralinger.

Tatsache sei, dass die Umgangsformen in manchen Foren für viele untragbar würden. Die zahlreichen 'Shit-Storms' der letzten Monate hätten aber keineswegs den Ausgang über Medienplattformen genommen, sondern über die Sozialen Medien. "Sinnvoll wäre es, jene kleine Minderheit von Medienplattformen fern zu halten, die unter Berufung auf das Recht der Meinungsfreiheit andere Menschen in der Öffentlichkeit kränken, beleidigen, schmähen, manchmal sogar an den Rand der Existenz bringen und all dies unter dem Schutz der Anonymität."

"Dies ist aus unserer Sicht nicht mit vagen Selbstverpflichtungen, sondern ausschließlich durch eine konsequente Moderation der Foren verbunden mit einer gesetzlichen Lösung zu erreichen, der sich am Ende des Prozesses alle Marktteilnehmer – nicht nur die Medienunternehmen – unterwerfen müssten", so der VÖZ-Präsident und KURIER-Geschäftsführer.

ORF könnte beispielgebend sein

Ein Mann mit Brille und Mikrofon gestikuliert vor einem blauen Hintergrund.
APA10226708-2 - 14112012 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - "Kurier"-Geschäftsführer Thomas Kralinger am Mittwoch, 28. September 2011, während einer Diskussion im Rahmen der Österreichischen Medientage in Wien. Kralinger wurde heute zum neuen Präsidenten des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ) bestellt. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH

Schließlich würden aufwändigere Zugangsbarrieren, die ein Verbot der anonymen Postings notwendig mache, die große Masse der Nutzer, die sich vernünftig und sachlich in Online-Foren austauscht, treffen. "Beispielgebend könnte hier der ORF sein, der als einziges Medienunternehmen in diesem Land nicht ausschließlich auf Werbeeinnahmen zur Finanzierung seiner Online-Medienangebote angewiesen ist, etwa mit einer Registrierung über die GIS-Mitgliedsnummer." Dies hätte eine enorme Vorbildwirkung für die Branche. Sollte der Gesetzgeber aktiv werden, brauche es eine Lösung, "deren Gewinner am Ende des Tages nicht die globalen Konzerne wie Google seien. Denn damit wäre dem heimischen Medienstandort nicht geholfen", ist Kralinger überzeugt.

Lösungen für die hauseigenen Foren

Auch für die Foren des KURIER Medienhauses (wie etwa KURIER.at und futurezone.at) sei man gerade dabei Lösungen zu evaluieren. Man prüfe technische und rechtliche Möglichkeiten, werde auch in den Nutzungsbedingungen noch deutlicher klarstellen, welches Verhalten zulässig sei – und welches eben nicht. Der Verpflichtung zu Klarnamen steht Kralinger indes skeptisch gegenüber: "Wir fragen die Leser auch jetzt schon nach ihren Namen; das bedeutet nicht zwingend, dass sie ihn uns auch tatsächlich nennen." Daher werde man weiter "der Überzeugung folgen, dass eine gute Moderation den größten Wert hat, letztlich hat man in der Vergangenheit schon oft gesehen, dass auch unter echten Namen Beleidigungen und Angriffe gepostet werden."

In jedem Fall sei die gegenwärtige Debatte nur der erste Schritt. Kralinger: "Insgesamt braucht es eine neue Kultur und das Bekenntnis zu den ethischen Grundwerten unserer Gesellschaft im digitalen Raum. Dies betrifft nicht nur Diskussionsforen sondern auch die journalistischen Angebote."

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