Viel Kritik zum Auftakt der Medientage
Mit einer fast schon traditionellen Schelte von Verleger Hans-Jörgen Manstein starteten am Dienstag die dreitägigen Österreichischen Medientage, die unter dem Titel "Re-Invent Media" stehen. So forderte er die heimische Politik, endlich aktiv zu werden und "in Sachen Medienförderung etwas zu tun". Als Beispiel dafür nannte er die Schweizer Medienbehörde, die jüngst festgestellt, "das alte System der Medienförderung muss überarbeitet werden. Bitte, gute Ideen darf man doch stehlen, oder?"
Manstein machte aber auch vor den Verleger-Kollegen nicht halt, denen er "ein Glaskinn" bescheinigte. Diese müssten neue Wege gehen. „Es müssen Medien produziert werden, die gekauft werden. Nicht Medien, die um Presseförderung ansuchen können“, erklärte Manstein. Die einzelnen Titel seien mehr oder wenige austauschbar und damit kein Beitrag zum Meinungspluralismus. "Es ist Zeit, die geistigen Mauern niederzureißen." Als "rühmliche Ausnahme" im Einheitsbrei nannte er den ORF mit seinem Korrespondenten Christian Wehrschütz vor Ort.
Da er den Bundeskanzler vertreten musste, fehlte Medienminister Josef Ostermayer und damit der Adressat für GroupM-Chef Peter Lammerhuber. Dieser konstatierte, die heimische Medienpolitik marschiere weiterhin "im alten Trott", was geschehe sei "defintiv keine zukunftsorientierte Orientierung". Dabei gibt er österreichischen Medien auch in der Zukunft eine Chance, "aber nur dann, wenn die Rahmenbedingungen stimmen." Das tun sie nach Auffassung Lammerhubers allerdings nicht. Was zu tun sei, fasste er in einem sieben Punkte umfassenden Katalog zusammen. Dieser reichte von der Steuergesetzgebung über Änderungen bei der wettbewerbverzerrenden Werbesteuer bis hin zu einer Neuaufstellung der Medienförderung und Überlegungen, wie in der Zukunft mit "selbstlernenden" Algorythmen umzugehen sei, die das Weltbild einschränkten. Von der Politik forderte er in diesem Zusammenhang vor allem eines: "Diese Regierung braucht eine Haltung!"
Als Key-Note-Speaker war heuer Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Rabe angetreten, der über den Mega-Trend Digitalisierung sprach, von dem alle Bereiche des Geschäfts erfasst seien, aber auch über "eine angemessene Regulierung." Von einem funktionierenden Urheberrechtsschutz bis zur "Rekalibrierung des Rundfunks“ und der Frage des Datenschutz reiche dabei die thematische Bandbreite. Dem Internet-Giganten Google, der sonst allseits heftig gescholten wird, bescheinigte Rabe, dass er über definitiv gute Produkte verfüge. Allerdings müsse man sich in dieser Marktposition auch "nach bestimmten Spielregeln richten."
Als großes Problem für den Print-Bereich sieht Rabe die "Kostenlos-Kultur". Um dem entgegen zu treten, schlug Rabe "eine Art Netflix“ für Zeitschriften vor, was aber nur als konzertierte Aktion aller Verlage möglich wäre. Was anwesende Journalisten freuen konnte, war Rabes Einschätzung: "Journalismus bleibt wichtig und kann weiterhin auf kommerzieller Grundlage betrieben werden. Die Leser werden auch in zehn Jahren bereit sein, für nutzwertige Inhalte zu bezahlen." Was Journalisten nicht freuen konnte: Man müsse sich auch mit "Kostenstrukturen intensiv auseinandersetzen".
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