Verwirrte Konsumenten zwischen TV-Linearität und Second Screen

Ein Tablet zeigt Jamie Oliver beim Kochen, während die Sendung auch auf einem Fernseher im Hintergrund läuft.
Österreichische Medientage"Eine Video-on-Demand-Plattform ist in Überlegung und Prüfung. Es liegt aber noch nichts Konkretes auf dem Tisch", gab sich ORF-Technik-Direktor Michael Götzhaber am ersten Tag der 20. Österreichischen Medientage im Alles-Immer-Überall-Forum zur jüngsten Idee auf dem Küniglberg noch recht zugeknöpft. "Wir haben diverse Rechte und denken nun darüber nach, wie wir diese online nutzen können", erklärt er, ohne sich tiefer in die Karten schauen zu lassen.

Nach dem Scheitern ähnlicher Pläne von ARD und ZDF sowie von den Privatsender-Gruppen von RTL und ProSieben in Deutschland überlegt man im ORF, die Gunst der Stunde zu nutzen. Statt gratis auf der TVthek könnten Serien, TV-Filme und Dokus auf einer eigenen Plattform angeboten werden und so Geld durch Abonnenten sowie mit der damit verbundenen Werbevermarktung verdienen. Am Ende dessen könnte, groß gedacht, sogar ein "deutschsprachiges" Hulu stehen, sollte man auch noch deutsche Partner ins Boot bringen. Allein, dass bisher damit de facto noch kein Geld zu verdienen ist, hemmt die ORF-Geschäftsführung an weiteren Schritten.

Sicherer fühlt sich im ORF in Sachen Apps: nach der Wahl-App soll eine Schi-Weltcup-App kommen und eine Sotchi-App noch dazu. Der Second Screen sei sehr wichtig für den ORF, so Götzhaber weiter. Die private Konkurrenz verfolgt diese Pläne mit Argus-Augen, wie eine kurze Nachfrage von Michael Stix, Mitglied der Geschäftsführung von ProSiebenSat.1 Puls 4, aus dem Auditorium durchblicken ließ.

Damit scheinen die ORF-Granden aber auf dem richtigen Weg zu sein, interpretiert man die im Panel gemachten Äußerungen. Es braucht einen Platz im Internet, an dem sich die Konsumenten über TV-Angebot orientieren und fündig werden. Dabei werden sie sich an Marken orientieren. Allerdings weisen die etablierten TV-Sender in Deutschland "online bislang nicht die Leuchtkraft auf wie sie das als TV-Anbieter tun", attestiert Peter Christmann, der Gründer und Managing Director von Media Group One, der Branche.

"Intelligente Navigation" fiel ebenfalls als eines der vielen Schlagworte in der Diskussion. "Ein Programm, das mich durch diese Welt der Angebote führt," so Christmann weiter, und definiert damit eine konkrete Lösung nicht nur für Fernsehprogramme und -sendungen, sondern auch für Online-Angebote und Apps.

Allein die Konsumenten selbst scheinen zum Teil schon überfordert zu sein. Sky-Österreich-Chef Kai Mitterlechner will sie deshalb "an die Hand nehmen". "Wir etablieren für unsere Kunden Innovationen und führen sie in die nächste TV-Generation beziehungsweise in die neue Medienwelt", avisiert er. Denn man könne Kunden nicht einfach fragen, welche Bedürfnisse sie künftig hätten, sie könnten die Bedürfnisse der modernen oder zukünftigen Mediennutzung selbst gar nicht definieren. Joachim Feher, MediaCom Vienna-CEO und Gesprächsleiter der Diskussionsrunde, schlußfolgerte eine MediaCom-Studie, wonach Konsumenten schon jetzt nicht mehr wüssten, wozu die medientauglichen Endgeräte in ihren Haushalten in der Lage sind.

Michael Wagenhofer, Geschäftsführer der ORF-Techniktochter ORS konstatiert, dass die "Digitalisierung die Konsumenten ratlos hinterlasse" und nutzt diese Diagnose zum Hinweis: "Wir wollen deshalb mit simpli-TV das Fernsehen wieder einfacher machen." Und in weiterer Folge den Anteil terrestrischen Fernsehens von sechs wieder auf über zehn Prozent anwachsen lassen.

Lineares Fernsehen werde "noch lange, lange Bestand haben" wird, faßt Wolfgang Elsäßer, Geschäftsführer von Astra Deutschland, die einhellige Meinung aller Panel-Teilnehmer zusammen, "ehe es von anderen Formen des Medienkonsums überholt wird". Gerald Schwanzer, Marketing-Geschäftsführer von UPC-Austria erkennt allerdings bereits eine Wende im TV-Konsumverhalten: "TV sei bei den 30- bis 40-Jährigen noch besonders stark verbreitet. Bei 17- bis 25-Jährigen aber bereits stark im Nachlassen." Und gemäß einer UPC-Studie surft bereits mehr als die Hälfte der Konsumenten parallel zu ihrer linearen Fernsehnutzung.

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