Verwirrte Konsumenten zwischen TV-Linearität und Second Screen
Nach dem Scheitern ähnlicher Pläne von
ARD und
ZDF sowie von den Privatsender-Gruppen von
RTL und
ProSieben in Deutschland überlegt man im
ORF, die Gunst der Stunde zu nutzen. Statt gratis auf der TVthek könnten Serien, TV-Filme und Dokus auf einer eigenen Plattform angeboten werden und so Geld durch Abonnenten sowie mit der damit verbundenen Werbevermarktung verdienen. Am Ende dessen könnte, groß gedacht, sogar ein "deutschsprachiges" Hulu stehen, sollte man auch noch deutsche Partner ins Boot bringen. Allein, dass bisher damit de facto noch kein Geld zu verdienen ist, hemmt die ORF-Geschäftsführung an weiteren Schritten.
Sicherer fühlt sich im
ORF in Sachen Apps: nach der Wahl-App soll eine Schi-Weltcup-App kommen und eine Sotchi-App noch dazu. Der Second Screen sei sehr wichtig für den
ORF, so Götzhaber weiter. Die private Konkurrenz verfolgt diese Pläne mit Argus-Augen, wie eine kurze Nachfrage von
Michael Stix, Mitglied der Geschäftsführung von ProSiebenSat.1 Puls 4, aus dem Auditorium durchblicken ließ.
Damit scheinen die ORF-Granden aber auf dem richtigen Weg zu sein, interpretiert man die im Panel gemachten Äußerungen. Es braucht einen Platz im Internet, an dem sich die Konsumenten über TV-Angebot orientieren und fündig werden. Dabei werden sie sich an Marken orientieren. Allerdings weisen die etablierten TV-Sender in Deutschland "online bislang nicht die Leuchtkraft auf wie sie das als TV-Anbieter tun", attestiert
Peter Christmann, der Gründer und Managing Director von Media Group One, der Branche.
"Intelligente Navigation" fiel ebenfalls als eines der vielen Schlagworte in der Diskussion. "Ein Programm, das mich durch diese Welt der Angebote führt," so Christmann weiter, und definiert damit eine konkrete Lösung nicht nur für Fernsehprogramme und -sendungen, sondern auch für Online-Angebote und Apps.
Allein die Konsumenten selbst scheinen zum Teil schon überfordert zu sein. Sky-Österreich-Chef Kai Mitterlechner will sie deshalb "an die Hand nehmen". "Wir etablieren für unsere Kunden Innovationen und führen sie in die nächste TV-Generation beziehungsweise in die neue Medienwelt", avisiert er. Denn man könne Kunden nicht einfach fragen, welche Bedürfnisse sie künftig hätten, sie könnten die Bedürfnisse der modernen oder zukünftigen Mediennutzung selbst gar nicht definieren.
Joachim Feher,
MediaCom
Vienna-CEO und Gesprächsleiter der Diskussionsrunde, schlußfolgerte eine
MediaCom-Studie, wonach Konsumenten schon jetzt nicht mehr wüssten, wozu die medientauglichen Endgeräte in ihren Haushalten in der Lage sind.
Michael Wagenhofer, Geschäftsführer der
ORF-Techniktochter ORS konstatiert, dass die "Digitalisierung die Konsumenten ratlos hinterlasse" und nutzt diese Diagnose zum Hinweis: "Wir wollen deshalb mit simpli-TV das Fernsehen wieder einfacher machen." Und in weiterer Folge den Anteil terrestrischen Fernsehens von sechs wieder auf über zehn Prozent anwachsen lassen.
Lineares Fernsehen werde "noch lange, lange Bestand haben" wird, faßt
Wolfgang Elsäßer, Geschäftsführer von Astra Deutschland, die einhellige Meinung aller Panel-Teilnehmer zusammen, "ehe es von anderen Formen des Medienkonsums überholt wird".
Gerald Schwanzer, Marketing-Geschäftsführer von UPC-Austria erkennt allerdings bereits eine Wende im TV-Konsumverhalten: "TV sei bei den 30- bis 40-Jährigen noch besonders stark verbreitet. Bei 17- bis 25-Jährigen aber bereits stark im Nachlassen." Und gemäß einer UPC-Studie surft bereits mehr als die Hälfte der Konsumenten parallel zu ihrer linearen Fernsehnutzung.
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