TV-Rätsel der Woche

atEs dauerte 95 Minuten und war kein Fussball-Spiel der österreichischen Nationalmannschaft mit fünfminütiger Nachspielzeit. Es hat versucht ein Krimi mit Handlung sein zu wollen. Es ist ein jahrzehntealtes öffentlich-rechtliches TV-Format. Es spielt in verschiedenen Städten in Deutschland und Österreich. Es spielt auch die Frau Burda mit. Gestern war sie gottseidank nicht dabei.
Ärzte, Kinder, Klugscheißer

Dafür durften in der gestrigen Seh- und Hörspielfassung einer erfundenen Nacherzählung eines Krimis aus der Feder eines Nachwuchsdrehbuch-Autors (kann sein, weiß nicht, schaut aber so aus; Anm. d. Red.), der den Sohn seiner Nachbarin als Regisseur engagierte, die so beliebten Mimen Harald K. und Serge F. das Gute und das Böse verkörpern. F. spielte einen geldgierigen Arzt. Andere können das besser. Sogar Nicht-Schauspieler können geldgierige Ärzte auf Parties besser darstellen als F. wie ich mich unlängst überzeugen konnte.

K. kann ja alles spielen. Ärzte, Weinbauern, Intellektuelle und auch politisch engagierte Mitglieder der heimischen Zivilgesellschaft. Zwischen K. und F. wuselten noch Akteure herum, die Linzer Revolverblatt-Journalisten mimten ohne das branchen- und regionstypische Idiom zu beherrschen. K.'s Compagnera im Kampf gegen die In-Vitro-Fertilisationsmafia in der Stahlstadt musste dauernd essen. Vielleicht verstanden deshalb Zuschauer nicht was akustisch und inhaltlich ihr Text war.

Der Plot war sehr zeitnah. Der künstlichen Befruchtung mächtige Ärzte machen sich die Notlage kinderwünschender Paare zu Nutze, gängeln diese und kassieren sie ab. Eine lesbische Journalistin kommt den fiesen Machenschaften der Weißkittel auf die Schliche. Dafür muss sie in das schwermetall-verseuchte Linzer Gras beißen. Und weil die Linzer Aufklärer kriminaltechnisch nicht ganz auf der Höhe sind, kommt der Super-Inspektor aus Wien, lässt sich anbraten, niederstechen und klärt bluttriefend den Fall während Kollegin Inspektor eine seltsame Mütze trägt und in 95 Minuten achttausend Kalorien in sich hineinstopft. Am Ende verrät sie den Klugscheißern, die das Drama bis zum Abspann ertrugen, dass sie schwanger sei.

Sonntäglicher Wachkoma-Abend

Wie heißt die Serie, die spannend sein kann aber nicht sein muss? Deren Österreich-Folgen, die beispielsweise von Felix Mitterer geschrieben wurden, in denen Sophie Rois spielte oder die unter der Regie von Thomas Roth entstanden waren, noch TV-Highlights waren?

Sie wissen es! Ich sehe es ihnen an. Sie versuchen sich zu erinnern. Nichts ist geblieben. Rekonstruieren wir: Stichwort Sonntagabend. Sie haben die Wahl zwischen der Fortsetzung des mittags begonnenen Streits mit der Schwiegermutter, erholsamen Schlaf vor Mitternacht oder Wachkoma vor dem TV-Gerät.

Gestern war Wachkoma-Abend mit ORF 2! Einziges Gegenmittel gegen derartige Österreich-Tatorte und definitiv Gehirnstrom-stimulierend ist derzeit die "Millennium-Trilogie" von Stieg Larssen. Sollte sie echte Krimis und nicht Scheinkrimis bevorzugen! Und Lesen einer Trance-Induktion vorziehen.

Irene Adler - Fernsehzuschauerin, Gebührenzahlerin und Fördererin privater Schauspielausbildung zur besseren Qualifikation von Krimi-Darstellern

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