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Scripted-Reality-Shows: Mit Pseudo-Realität zum Erfolg

Nicht nur bei "Newtopia" wird mit Drehbuch und Anweisungen nachgeholfen - Scripted-Reality ist allgegenwärtig.

von Mathias Morscher

04/15/2015, 12:04 PM

Seit Jahren überschwemmt uns vor allem der deutsche TV-Markt mit scheinbar echten Dokuserien. Die meisten davon haben mit der Realität allerdings so viel zu tun, wie die Privatsender mit einem öffentlichen Bildungsauftrag. Seit dem Eklat um die Sat. 1 Sendung "Newtopia", in der Bewohner eigentlich ohne Einfluss von Außen in einem abgesperrten Areal eine neue Gesellschaft aufbauen sollten, rücken diese Sendungen wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

Scripted-Reality heißt das Zauberwort, das in den 90er-Jahren auch hierzulande Einzug in das Privatfernsehen hielt. Egal ob echte Richter in Studio-Gerichtssälen, erfundene Schulermittler oder falsche Polizeistreifen - für praktisch jede Lebenslage und jedes Alter gibt es eine Doku-Soap. Im Gegensatz zu Serien und Filmen, wird in diesen Formaten mit Hilfe von Laiendarstellern versucht, die Realität vorzutäuschen - denn eine erfundene Realität ist meistens spannender, als das wahre Leben. Leider "vergessen" die Sender oft, dies eindeutig zu deklarieren - viele Zuseher glauben, sie sehen echte Probleme von echten Menschen.

Das zeigt auch eine repräsentative Studie im Auftrag des ARD-Magazins "Panorama", die einen Ausschnitt von "Die Schulermittler" zeigte. 16 Prozent der Befragten gaben an, die gezeigte Handlung sei echt und nicht nur für die Kamera gespielt. 39 Prozent waren unsicher, nur für 45 Prozent war die Szene eindeutig gespielt. (Die komplette Studie gibt es hier).

Ein Drittel Scripted-Reality

Besonders beliebt sind die Pseudo-Dokus beiRTL und Sat.1. LautStern.debesteht bei dem Kölner Privatsender RTL fast ein Drittel des Programms aus solchen Formaten. An einem Mittwoch zum Beispiel folgt auf die "Betrugsfälle" um 9.30 Uhr "Die Trovatos – Detektive decken auf". Nach "Punkt 12" geht es ab 14 Uhr mit "Verdachtsfälle" weiter, bevor noch einmal die "Betrugsfälle" gezeigt werden.
Beim KonkurrentenSat.1sind noch mehr Laiendarsteller im Einsatz. Dort geht es um 10 Uhr mit "Auf Streife" los. Es folgen "Richterin Barbara Salesch", "Richter Alexander Hold", wieder "Auf Streife", "Im Namen der Gerechtigkeit – Wir kämpfen für Sie!", "Anwälte im Einsatz", "Mein dunkles Geheimnis", "Schicksale – und plötzlich ist alles anders", "In Gefahr – Ein verhängnisvoller Moment" und dann eben "Newtopia" – schon ist es 20 Uhr und Zeit für die Primetime.

Erfolg

Der Grund für die Vielzahl an Pseudo-Dokus ist simpel: Sie sind billig zu produzieren und, noch viel wichtiger, sie werden angesehen. In der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen erreichen die Formate regelmäßig Marktanteile von 30 Prozent. Eine Traumquote, die in Deutschland nicht einmal der "Tatort" erreicht. Ein Ende dieser Shows ist damit noch lange nicht in Sicht, denn die Zuschauer haben sich scheinbar schon längst daran gewöhnt. Oder es ist ihnen egal.

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