Medien-Haushaltsabgabe für ORF vorstellbar

Ein Mann mit Brille und Anzug gestikuliert in einem Büro.
Am Schulterschluss arbeiten ORF und VÖZ.Gespräche über ORF-App-Verbot, Presseförderung und Leistungsschutzrecht.

ORF-Führung und Zeitungsverleger versuchten anlässlich der VÖZ-Klausur in Rom eine weitere Annäherung in bislang umstrittenen Fragen möglicher Gesetzesreformen. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und der kaufmännische Direktor Richard Grasl warben für eine Aufhebung der digitalen Beschränkungen für den öffentlich-rechtlichen Sender. Bei der letzten Reform des ORF-Gesetzes 2010 herrschte laut Wrabetz noch eine Art "Grundkonsens", dass der ORF in der digitalen Welt eine Rolle spielen darf, ihm dabei aber gewisse Beschränkungen auferlegt werden. Heute dominierten in dieser Welt Google, Amazon und andere Player, und der Medienkonsum erfolge immer stärker über Smartphones und Tablets. "2015 ist nicht 2010. Die Welt hat sich total verändert. Wir stehen vor großen Herausforderungen, und für den ORF gibt es im ORF-Gesetz Bestimmungen, die angesichts des dramatischen Wandels weiterentwickelt werden müssen." Als Beispiel nannte der ORF-Chef das Verbot, eigenständige inhaltliche Angebote bzw. Apps für mobile Endgeräte anbieten zu können. "Es geht nicht darum, den Online-Werbedeckel für den ORF zu heben, sondern technische Beschränkungen der heutigen Medienwirklichkeit anzupassen und um die Weiterentwicklung von gemeinsamen Werbemöglichkeiten", ergänzte ORF-Finanzchef Grasl.

Haushaltsabgabe

Wrabetz und Grasl signalisierten darüber hinaus einen medialen "Schulterschluss" bei der Ausweitung der Werbeabgabe auf digitale Werbemittel sowie bei Leistungsschutzrecht und Presseförderung. Auch eine Umwandlung der ORF-Rundfunkgebühr in eine Haushaltsabgabe mit reformierter Medienförderung, wie zuletzt vom früheren ORF-Manager Kurt Bergmann gefordert, wollte Wrabetz nicht ausschließen. "Das ist ja ein Vorschlag, den ich schon 2012 gemacht habe.“ Allerdings müsste eine Haushaltsabgabe "von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen sein", der derzeit laut Wrabetz aber nicht gegeben sei.

"Es ist wichtig, dass wir in Sachen Presseförderung, Werbeabgabe, Haushaltsabgabe und Leistungsschutzrecht an einem Strang ziehen", meinte VÖZ-Präsident Kralinger in Richtung ORF. "Wenn wir in diesen zentralen Fragen geeint auftreten, können wir den Medienstandort gemeinsam weiter entwickeln. Davon profitiert letztlich vor allem der Journalismus. Eine neu gestaltete Presseförderung könnte nach unseren Vorstellungen über eine Haushaltsabgabe finanziert werden, das wäre die Finanzierungsform, mit der sich die Unabhängigkeit der Medienlandschaft am besten gewährleisten lässt. Diesem Ansinnen steht ORF-Generaldirektor Wrabetz positiv gegenüber. Wir werden auch weiterhin mit dem ORF nicht immer einer Meinung sein. Der Wettbewerber, der uns mehr Sorgen bereitet, sitzt jedoch im Silicon Valley und nicht am Küniglberg.“

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