Jon Stewart verlässt die "Daily Show"

16 Jahre kommentierte der US-Komiker in der „Daily Show“ satirisch Medien und Politik. Nun lässt er die Sendung bleiben. Eine Legende tritt ab.

Das Kurioseste an Jon Stewart ist der Umstand, dass er in den USA als einer der glaubwürdigsten Nachrichtenmenschen im TV gilt. Ein großes Missverständnis: Der 52-Jährige ist ein Komiker, der sich mit den Verfehlungen der Medien auseinandersetzt und diese mit den Mitteln der Satire zerpflückt.

Wen Stewart in seiner „Daily Show“ (Comedy Central) aufs Korn nahm, der bekam sein Fett weg. Und zwar so ordentlich, dass weiterer Spott nicht mehr notwendig war. Was ihm nicht einfiel, hätte auch kein anderer Comedian zuwege gebracht.

Getarnt als Nachrichtensendung

Das Missverständnis, bei Stewart handle es sich um einen Nachrichtenmoderator, liegt auch an der Aufmachung der „Daily Show“: Sie tarnt sich als Nachrichtensendung, wird aber ausschließlich von Satirikern bespielt, die Beiträge gestalten oder Live-Einstiege simulieren. Stewart sitzt im Studio und entstellt die Nachrichtenlage mit beißendem Spott zur Kenntlichkeit. Das spöttische Grinsen kommt ihm nur dann abhanden, wenn er sich wirklich in Rage redet.

Das passierte ihm zuletzt bei den zahlreichen Übergriffen von Polizisten auf schwarze Amerikaner, wo er zugab, als Satiriker auch nicht mehr weiterzuwissen. „Wenn es stimmt, dass eine Komödie Tragödie plus Zeit ist, brauche ich einfach mehr verdammte Zeit“, erklärte er zum Tod eines Afroamerikaners, der in New York im Würgegriff eines Polizisten gestorben war. Und sah dabei ernsthaft frustriert aus.

„Ihr schadet Amerika“

Seine scharfzüngigen Attacken brachten auch Kollegen in Bedrängnis, was im Oktober 2004 die beiden Präsentatoren Tucker Carlson und Paul Begala in „Crossfire“ auf schmerzliche Weise lernten.

Sie hatten Stewart zur Promotion von dessen Buch eingeladen. Er jedoch nutzte den Besuch zu einer Abreibung für die Art des Journalismus, für den „Crossfire“ aus seiner Sicht stand. „Ihr schadet Amerika“, erklärte er den um Worte ringenden Moderatoren und warf einem den Kraftausdruck „Dick“ an den Kopf. Zwei Monate später stellte CNN die Sendung ein und CEO Jonathan Klein pflichtete Stewart öffentlich bei.

Rückzug on air

Demnächst wird sich Stewart von seiner Show zurückziehen, wie er am Dienstag on Air verkündete: „Mein Herz sagt mir, es ist Zeit, dass ein anderer die Chance bekommt“, erklärte er dem verblüfften Publikum. Wann er die letzte Ausgabe moderieren wird, steht noch nicht fest.

Der Zeitpunkt könnte nicht passender sein: Am selben Tag suspendierte der US-Sender NBC den bekanntesten Nachrichtenmoderator Amerikas, Brian Williams. Der hatte behauptet, 2003 im Irak im Helikopter beschossen worden zu sein. Eine glatte Lüge, wie er zerknirscht einräumen musste.

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