Im Zweifelsfall gegen Google
Wobei zunächst Kralinger und Wrabetz rhetorisch ihrer Klingen kreuzten. Der VÖZ-Präsident kämpft für die wirtschaftliche Zukunft der Verleger in der digitalen Welt, die durch Gebührenfinanzierung des
ORF eine ungleiche Basis hat. Jüngste Repräsentation für diese gesetztlich institutionalisierte Schieflage, einem Mangel an Regeln im digitalen Österreich-Markt und Grenzüberschreitungen sind die Apps des öffentlich-rechtlichen Medienunternehmens.
Kralinger, der betont, dass es um den "Markt geht auf dem wir uns bewegen", wirft die Frage auf, wieviel Förderung dieser Markt bedarf, um ihn gesund und qualitativ zu erhalten. Er ist überzeugt, dass sich nicht jeder in diesem gemeinsamen Markt bewegen kann, wie er gerne möchte. Und das betrifft sowohl den
ORF als auch
Google.
Wrabetz kontert die App-Attacke mit dem Hinweis, dass von den geschätzten, jährlichen 200 Millionen App-Downloads - das wären theoretisch etwa 25 Downloads pro Österreicher und würde, umgelegt auf die aktuelle Smartphone-Durchdringung, auf 55 Downloads pro Smartphone-Nutzer ansteigen - ohnehin nur "rund 200.000 auf die App zur Ski-Alpin-Weltmeisterschaft in Schladming im Februar 2013" entfallen waren. Der
ORF-Generaldirektor kontert weiter, dass der "Feind globale Konzerne" wie beispielsweise
Google seien und als Scheinmedien auftreten.
Wrabetz schließt sich hier implizit an Kralingers Forderung nach Regeln an und plädiert für eine "Definition von Medien, in denen Inhalte und Wertschöpfung produziert werden", um eine Differenzierung zu jenen als Medien erscheinenden Anbieter, die nur Inhalte nutzen, machen zu können. Er verlangt nach der Einrichtung eines "Medienrates, der klarstellt, welche Online-Angebote Medien sind und welche nicht".
Kralinger verschließt sich dem, mit der Panel-Betitelung verankerten Begriff Feinde. "Wir sind keine Feinde. Unser Thema sind Spielregeln", erklärt der VÖZ-Präsident. Und diese Regeln betreffen selbstverständlich
Googles Möglichkeit maximal-optimiert in Österreich mit rund 20 Mitarbeitern den, so die Annahme, höchsten Online-Werbeumsatz aller heimischer Unternehmen zu erwirtschaften und dafür ein Minimum an Gewinn zu versteuern.
Der VÖZ-Präsident evaluiert die Gegensätze mit "rund 1.800 kollektivvertraglich beschäftigen Vollzeit-Journalisten" und besteuerter Werbung während
Google weder Werbe- noch Umsatzsteuer bezahlt. Wrabetz legt hier nach: "Während die gesamte TV-Industrie in Europa etwa 31 Milliarden Euro an Werbeerlösen erzielt, betrage der
Google-Werbeumsatz in Europa etwa 11 Milliarden Euro." Dieses eklatante Mißverhältnis gipfle für ihn in der mutmaßlichen, nachteiligen Beeinflussung von Mitbewerb seitens
Google über Werbeblocker-Technologie, die er zur Prüfung an die Wettbewerbsbehörde übergeben will.
Kienberger wiederum muß sich in dieser Diskussion des Vorwurfs der "Scheinheiligkeit" erwehren, die dem Konzern süffisant vom Moderator der Runde, dem profil-Herausgeber Christian Rainer, unterstellt wurde. Dem
Google
Austria-Manager stehen in dieser Diskussion vielerlei Konzern-Regeln im Weg, um sowohl Kralingers als auch Wrabetz Argumente mit verschiedenen Details und Fakten zu entkräften und was als "Ironie der Größe" interpretiert werden kann.
Kienberger bestreitet, wie beide behaupten, im "gleichen Markt tätig zu sein". Denn
Google wirtschafte in Österreich mehr mit kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die Steueroptimierung, etc. finde selbstverständlich im Rahmen gesetzlicher Regeln statt, deren Änderbarkeit von demokratischen Prozessen abhänge, argumentiert er weiter.
Er schließt mit der Diskrepanz zwischen Werbeinvestitionsvolumen und tatsächlicher Mediennutzung in Österreich, die auf ihre Weise durchaus auch die Schieflage im dualen System reflektiert: "Die Reichweite von Online spiegle sich in zwölf Prozent Werbespendings ebenso wenig wider, wie dies umgekehrt im Falle von 53 Prozent Print- und 23 Prozent TV-Spendings ist."
Und
YouTube, rückt Kienberger eine vermeintliche Interpretationslücke auf dem Podium zurecht, ist eine technische Plattform um Content von Nutzern und Partnern zu veröffentlichen und diesen im Idealfall ein Bewirtschaftung ihrer Inhalte zu ermöglichen.
Denn zuvor beschwor Wrabetz die "Übermacht von
YouTube", um sich damit die Brücke zum geplanten Ausbau des
ORF-Bewegtbild-Angebots und der TVthek zu legen. Er präferiere dabei eine österreichische Lösung um "Bewegtbild-Angebote gemeinsam mit österreichischen Medienpartnern zu sharen und auch gemeinsam zu vermarkten".
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