Große Erwartungen, Rasenmäher und die Google-Zerschlagung
Durch das Auditorium ging an dieser Stelle mehr als ein Raunen. Applaus blieb
Stix allerdings versagt. Aus Höflichkeit gegenüber
Anton Aschwanden, der für Public Policy und Governmental Relations in Österreich und der Schweiz zuständige Manager des Konzerns möglicherweise. Der zeigte sich angesichts der Stix-Aussage, die auf ihre Weise das "Google-Bashing während der Medientage auf den Punkt brachte, "schockiert". Möglicherweise erinnert sich Aschwanden an diesen Österreich-Besuch als eine Konfrontation mit reaktionären Medienvertretern.
Vielleicht erinnert sich Aschwanden auch daran, dass die Vorsitzende der Geschäftsführung von media.at,
Petra Hauser, die "Erwartungen an Digital überzogen sind" und der Grund dafür in der "Jugendlichkeit" der Werbegattung liegt. Sie vertritt aber auch die Ansicht, dass die digitale Wertschöpfung viel weitreichender ist, auch nachhaltig ist und Online-Werbung nur einen kleinen Teil davon ausmacht. Sie geht aber auch davon aus, dass das Vermarktungspotenzial der ORF TVthek bei 2,8 Millionen Euro liegt.
Das bestreitet
Thomas Prantner, Leiter der Hauptabteilung Online und neue Medien im
ORF, umgehend. Die regulatorischen Einschränkungen würden nur einen, wie er beziffert, "Vermarktungsumsatz von einigen 100.000 Euro" ermöglichen. Er avisiert, dass in der TVthek ab 18. November 2013 Bewegtbild-Werbung, allerdings mit eingeschränktem Inventar, vermarktet wird. Hauser begrüßt diese Vermarktung, da es "ohnehin einen Mangel an Bewegtbild-Inventar in Österreich gäbe" argumentiert sie. Stix, der an dieser Stelle einen Einwand hätte anbringen können, sagt nichts.
Aschwanden wird sich eventuell daran erinnern, dass Prantner gerne hätte, dass
Google Mehrwertsteuer bezahlen solle. Er wird sich weites erinnern, dass Stix kurze Zeit später
Google als "juristisch höchst bedenklich" einstufte und die Zuhörer in der Dunkelheit des Saales aufmerksam machte, dass
Google die "laufende Beobachtung von Urheberrechtsverletzungen" ermögliche. Denn auf
YouTube fände er immer, wie er erklärt, Inhalte aus der Sendergruppe, die dort nicht hingehören und noch dazu als Werbeumfeld genutzt werden, um Geld zu erwirtschaften. Stix wirft Aschwanden noch die "erdrückende Monopolstellung" des Konzerns hin.
Ob Aschwandens Einwände, dass das "Internet der Wirtschaftsmotor des 21 Jahrhunderts" sei, sich ein neues, eigenes Ökosystem gebildet habe und die Digitalisierung in Österreich 17,3 Milliarden Euro zur gesamten Wirtschaftsleistung der nationale Ökonomie beitrage, in der Runde und im Saal ankamen, daran wird sich der Schweizer nicht mehr erinnern.
Anett Hanck, in der Geschäftsführung der Verlagsgruppe News für den Verkauf und die Vermarktung zuständig, und Oliver Voigt, Vorsitzender der Geschäftsführung der Mediengruppe Österreich, schlugen im Gegensatz zu Stix gemäßigte Töne an. Voigt motivierte, sprach den Zuhörern im Saal Mut und Trost zu. Hanck fokussierte sich auf den Aspekt der Qualität. Denn nur mit "qualitativer Werbung und ebensolchen Umfeldern mit relevanten Inhalten" wird Online wachsen und kann ein lokaler Markt wie Österreich profitieren.
An dieser Stelle bringt sich Prantner ein, um zu argumentieren, dass exakt die Qualität letztendlich in Tausender-Kontakt-Preisen ihren Ausdruck finden und andererseits dann auf TKP-Ebene Online-Qualitätsmedien mit den weniger Guten über einen Kamm geschoren würden und so wiederum Wertschöpfung vernichtet würde.
Hauser macht die verbesserungswürdige Wertschöpfung im Online-Werbemarkt in Österreich an "schlechter Kreativität, fehlender Ausbildung" oder auch Adblockern fest. Das Kreativmanko können nur dadurch behoben werden, sagt sie, indem alle in Schaffensprozessen Integrierten an einem Strang ziehen. Hauser hält aber auch die Kreativkosten für einen Knackpunkt für den TKP und für zu hoch in Österreich. In Deutschland hält man Österreich ohnehin für ein TKP-Paradies, sagt die media.at-Geschäftsführerin sinngemäß, die auch überzeugt ist, dass Werbung automatisiert wird. Jedoch Strategie oder Idee dabei werden ersetzt werden sollen oder können.
Irgendwo zwischen all diesen Argumenten sprach Stix noch über Rasenmäher, die ihn verfolgen würden, wenn er bei
Amazon nach Rasenmäher suchen würde und das solcherart ausgelöste Tracking- und Targeting-Rad ihn quer durchs Web mit Rasenmäher konfrontieren würde. Er will damit sagen, dass er nicht von Werbung verfolgt werden will und Datenschutz wichtig sei.
Aschwanden war während der meisten Zeit des einstündigen Panels still und aufmerksam. Mag sein, dass er ähnlich ist, wie die Suchmaschine, für die er arbeitet: sie vergisst nie! Oder er ist zu wenig abgebrüht für Branchen-Debatten in Österreich. Ob er jetzt möglicherweise versteht, weshalb der Online-Werbemarkt-Anteil, gemessen am internationalen Vergleich, in Österreich hinterher hinkt, ist durchaus anzunehmen.
Heimo Hammer, der Geschäftsführer von KraftWerk, fehlte dem Panel krankheitsbedingt, was sich unfreiwillig zu einem taktisch klugen Schachzug an diesem Nachmittag entwickelte. Wie ein Stimme aus dunklen Auditorium während der Diskussion dem Berichterstatter zuraunte.
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