Fan-Anzahl ist noch ein Erfolgsparameter

Judith Denkmayr, Digital Affairs-Geschäftsführerin (c: bruckmeier)
atDie Größe einer Community blendet, glänzt und ist begehrenswert. Und ist das erste Ziel von Unternehmen und Marken, die vor oder auf dem Weg in Social Networks sind. Fans, Friends und Follower, die Network-Familie, wird sichtbar und ist gezählt. Firmen können sich selbständig "Reichweiten" aufbauen, pflegen und entwickeln. Jetzt kommt Judith Denkmayr von Digital Affairs und wischt diesen Social Media-Strohhalm hinweg, indem sie die Fan-Anzahl als Prestige-Objekt erklärt, das nicht mehr als alleiniger Erfolgsfaktor für Network-Aktivitäten gilt.
Große Absichten. Und die Realität?

"Das zentrale Ziel von Social Media-Aktivitäten ist meisten auf Fan-Zuwachs ausgerichtet", erklärte sie im Rahmen der Vorstellung des Social Media Radars 2011. Das Nutzer-Engagement und die Interaktion bliebe dabei auf der Strecke, beklagt sie.

An dieser Stelle muss man sich überlegen, wie weit Social Media in Unternehmen bereits umgesetzt wurde und wird. Die von der Öffentlichkeit geschürten Ambitionen und Absichten sind jedenfalls groß. Die Versuche laufen und der Erfahrungshorizont ist, bei Firmen, bis auf wenige Ausnahmen, die dann Red Bull, Swarovski, KTM, Ö3 oder sonstwie heißen, noch gering. Nicht einmal der vollbeladene Online-Marketing- und Werbezug der über den Globus rast, konnte alle seine Segnungen schon im österreichischen Markt ausbreiten.

Qualitativer Fan

Da jetzt alle Social Media vorwärts- und rückwärtsbuchstabieren, Österreich auf dem Weg zu einer Facebook-Monokultur ist, diese Reichweite, die Hippness und die gemessen an anderen Kommunikationsmaßnahmen günstigen Einrichtungskosten blenden, macht Denkmayr schnell den nächsten Schritt und bringt den "qualitativen Fan" ins Spiel. Der zeichnet sich ja durch Beteiligung an der Community aus, postet, kommentiert, empfiehlt und nimmt seine (Marken)-Botschafterrolle ernst.

Denkmayr moniert, dass es, um die Fanzahlen in die Höhe zu treiben in den Gemeinschaften vor allem zu Charity-Aktionen und Gewinnspielen kommt, und die Interaktion stimulierende Content-Produktion, die Qualitätsfans fördert, vernachlässigt wird. Wobei auch Gewinnspiele Teil des von ihr empfohlenen Community-Content-Konzepts sind.

Kennzahlen und ihr Kontext

Hinter der reinen Fan-Anzahl, dem Generieren von Traffic und dem erhöhen der Wiederkehrer-Quote in Communities - wieviele Frequent oder Heavy User haben den idealtypische Marken- oder Unternehmen-Communities überhaupt? - wird es auf der von Denkmayr jetzt geforderten Qualitätsmitglieder-Ebene schon diffizil und damit ressourcen-intensiv. Ob das die von ihrer Forderung adressierten Unternehmen auch bereits leisten wollen, ist fraglich.

Zu ihrem Konzept gehören auch Kennzahlen der Erfolgsmessung. Das sind Engagement, Sentiment, Website-Traffic, Conversions/Leads und Share of Voice. Ernst zu nehmende Kommunikation braucht auch Kennzahlen und Messbarkeit. Sie will diese, wie sie auf Nachfragen erklärte, aber in kein Marketing-Return-on-Investment-Konzept gepresst sehen. Das Refinanzierungsthema von Social Media-Aktivitäten sei ihr zu heikel, lässt sie durchblicken. Aus ihrer Sicht sind diese primär der "Unternehmenskommunikation" zuzuordnen.

Die gottgegebene Social Media-Pflicht

Wie Social Media-Kennzahlen in den unübersehbaren Online-Messgrössen-Kosmos passen sollen, eventuell in Korrespondenz zu anderen Audience- oder Performance-Faktoren treten kann und sich in die eine oder andere "klassische" Planungsgrösse einfügt, mit denen weitestgehend noch immer (sic!) in markenführenden Unternehmen und deren Mediapartnern gearbeitet wird, lässt sie unbeantwortet.

Sie wähnt sich hier auf der Seite der Stärken, den, laut Integral 51 Prozent Social Media-Nutzern unter den österreichischen Internet-Nutzern. Und sie wiegt sich in Sicherheit mit dem irgendwie gottgegeben zu sein scheinenden Postulat, dass "Social Media für Unternehmen und Marken Pflicht sei".

atmedia.at

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