Facebook für Tote

deDiese Kurzbeschreibung von Stayalive.com hören Helmut Markwort und Gründer Matthias Krage nicht unbedingt gerne. Markwort spricht vom "Unsterblichkeitsportal". Beide stellten Stayalive.com heute Mittag "unter der Erde" - im Hofbräukeller in München - offiziell vor nachdem bereits die Einladung vor wenigen Wochen reihenweise zu Spekulationen Anlaß gab.
Blume oder Blech?

Um die Rolle von Markwort zu klären. Der Focus-Herausgeber fungiert als Business Angel und ist als Gesellschafter mit 16,6 Prozent genauso wie Krage und die vier weiteren Gründer an dem StartUp beteiligt. Markwort: "Mich hat das Konzept, das vollständig durchdacht sowie die Perfektion und Gewissenhaft der Umsetzung überzeugt." Er bezeichnet Stayalive.com als "grosse, komplette Idee". Trotz "sorgfältiger Prüfung", wie Markwort erklärte, "waren meine bisherigen Beteiligungen Blech".

Kein Trauerportal

Stayalive.com ist, wie Krage skizziert, "kein klassisches Trauerportal" sondern ein "Portal für die digitale, selbstbestimmte Unsterblichkeit". Alle Angebote zum Thema Ableben spiegeln, wie er aus seiner Erfahrung weiß, "die alte Welt im Web".

Ausgangsbasis für das Projekt waren Fragen, die sich um das Weiterleben unserer digitaler Spuren nach Ablauf unseres physischen Lebens drehten. Krage: "Facebook beispielsweise stellt Profile nur ruhend und löscht sie nicht. Und was passiert mit Passwörtern, Social Network-Mitgliedschaften, verschiedenen Daten, etc über die Angehörige nichts wissen?" Daraus wurde der Markt formuliert. Krage: "Pro Jahr sterben in Deutschland etwa 850.000 Menschen. Mit im Schnitt vier Angehörige ergibt sich ein Markt von 3,4 Millionen Menschen."

Profile und Stammbäume

Darauf wurde Stayalive.com aufgesetzt. Krage: "Doch es geht um Selbstbestimmung, Vorsorge, Bewahrung sozialer Kontakte und die Erhaltung sozialer Wurzeln." Den Mitgliedern der Nachlebensgemeinschaft stehen individuelle Profilseiten mit der Veröffentlichung des Lebenslauf und Bildern zur Verfügung. Alte, nicht digitalisierte Bilder werden auf Wunsch eingescannt.

Der Einzelne kann für ihn wichtige Dokumente gesichert ablegen und den Schlüssel dazu der Erbmasse hinzufügen. Gruppen sind zu bilden. Das führt im Falle von Familien irgendwann zu Stammbäumen. Mittels MashUp lassen sich die letzten Ruhestätten auf Google-Maps darstellen.

Pietät und Profit

Dem Schindluder mit falschen Ablebensmeldungen begegnet Krage mit einem Procedere, das mittels Code attestiert wird oder per Bestätigung von Community-Mitgliedern erfolgt. Es geht schließlich um Pietät und Seriosität. Derselben Sorgfalt wurde das Geschäftsmodell unterzogen. Stayalive.com ist werbefrei aber dafür Paid Content. Das Service kann ein Jahr, sechs oder zehn Jahre und unendlich genutzt werden. Stayalive.com ohne zeitlichem Ablauf zu nutzen, kostet 499,90 Euro. Im Schnitt fallen in den zeitlichen Belegungen davor neun Euro pro Monat an.

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