Ein demokratischer Frühling

Und was ist, sozusagen, ihr Schwert in der Hand?
Schennach: Für die neue Medienbehörde braucht man eine Zwei-Drittel-Mehrheit, und deswegen müssen sie mit uns verhandeln. Sonst würden sie es ohnehinnicht tun. Mit der FPÖ oder dem BZÖ wird da wohl nicht viel sein. Aber dass die Regierung überhaupt um eine solche Mehrheit zu verhandeln hat, das verdanken wir der Klugheit der Wähler, dass sie dafür gesorgt haben, SPÖ und ÖVP diese Mehrheit zu versagen. Das ist wie ein demokratischer Frühling.
Und das macht sie stark genug?
Schennach: Hier gibt es Gott sei Dank noch jemand anderen, der den Ton angibt. Das ist die EU-Medienbehörde. Die sagt, moment: Es muss eine unabhängige, österreichische Medienbehörde geben und letztlich muss Österreich den Vollzug dieses Vertrags melden und den muss sie sich mit der Opposition aushandeln. Ich geh aber nicht mit unmäßigen Ideen in die Verhandlungen rein oder, so wie das BZÖ sagt, wir müssen den halben ORF verkaufen. Eine Schnapsidee.
Kann man sich überhaupt mit den anderen Oppositionsparteien zusammen tun?
Schennach: Die FPÖ hat ihre Vorstellung nie klar formuliert, daher kann ich nichts sagen. Doch es gibt Kontakte. Ich werde mich demnächst mit deren Generalsekretär
Harald Vilimsky unterhalten. Das BZÖ hingegen hat krause Ideen präsentiert. Etwa den ORF zu teilen, also einen Fernseh- und einen Radiosender zu privatisieren. Das ist Nonsens. Wir haben schon erlebt, was wir alles von der Republik verkauft haben und nicht mehr kriegen. Da ist einfach keine Kenntnis der Sachlage da.
Sie sind also für einen ungeteilten
ORF?
Schennach: Der ORF muss als solcher wie er jetzt ist Bestand haben. Nur so kann er alle Aufgaben abdecken. Er ist an sich eine hochqualitative Medienanstalt. Im Konzert der öffentlichen Sender spielt er sicher in der Liga, in der auch die
BBC spielt. Wo der ORF unbestritten zur Weltklasse gehört ist Ö 1. Gut ist, dass er letztendlich für den ökonomischen Weg selbst verantwortlich ist. Schlecht ist, dass er weiterhin am Gängelband der Regierung hängt, Stiftung hin oder her. Man sieht ja, dass der Weg immer zur Politik führt, wenn es kracht oder wenn es dem Unternehmen nicht gut geht.
Sie plädieren statt ORF-Gebühren für eine andere Form der Unterstützung?
Schennach: Ich bin für eine Medienabgabe pro Haushalt. Weil: Das Fernseh-, das Radiogerät ist ein Gerät der Vergangenheit. Jeder Haushalt nutzt Medien, und wir sollten uns ersparen über jedes Empfangsgerät zu
debattieren. Es gibt Laptop, PC, Blackberry oder das Handy, um nur einige zu nennen. Modern ist eine Abgabe zu schaffen, die das alles abdeckt. Aus ihr erhält der ORF seinen Anteil, aber auch die privaten und die nicht kommerziellen Anbieter. Das macht Sinn. Da brauchen wir nicht anfangen Fernseher zu zählen oder Prüfpersonal herumzuschicken. Das kann man über das Finanzamt, über die Haushaltslisten machen.
Das wäre also der große, ultimative Förderungstopf?
Schennach: Ja. Ich bin dafür dass wirklich 100 Prozent der bisherigen ORF-Gebühren in diese Abgabe hinein kommt und dieses Geld als Gesamtes dem Mediensektor zugute kommt. Die Presseförderung gehört auch da hinein, die kommt aus dem Budget dazu, wie schon bisher. Und auch die Grundfinanzierung des Presserats wird daraus gespeist sowie jener Sektor, wo wir derzeit tragische, arbeitsrechtliche Situationen haben: der ganze Online-Bereich.
Wer fördert, der verlangt in der Regel auch. Was, bitte sehr?
Schennach: Nehmen wir das Thema Online-Zeitungen. Wir sind dafür, dass wir solche redaktionellen Content-Produkte fördern und gleichzeitig mit der Auflage verbinden, dass man hier zu korrekten Arbeitsverhältnissen kommt. Und auch den freien und nichtkommerziellen Medienunternehmen sage ich immer: ihr seid das Salz in der Suppe, wir wollen euch fördern, aber wir wollen auch bei euch schrittweise korrekte Arbeitsverhältnisse. Natürlich verändert sich der Arbeitsmarkt, aber wir müssen extrem aufpassen, dass es nicht immer schlampiger und prekärer wird. Ein bisschen Zuckerbrot und Peitsche ist da angebracht.
Und wie ist es mit regionalen Gratis-Zeitungen?
Schennach: Auch über die muss man nachdenken, da sie zur Medienvielfalt beitragen. Auch dort kann ich mir in einem neu aufgesetzten System eine Content-Förderung vorstellen. Wir wissen aber, dass es dort noch viele PR-Geschichten gibt. Die sollen natürlich nicht gefördert werden.
Soll es eine Ausweiterung von Regionalwerbung in "Bundesland heute" im
ORF geben?
Schennach: Da sind wir strikt dagegen. Aus einem ganz bestimmten Grund. Weil so wie unsere Medienlandschaft aufgestellt ist, ist eine Ausdehnung dieser Zeiten ein frontaler Angriff auf die Printpresse. Das geht nicht. Diese lebt vor allem von der regionalen Werbung. Was wir ebenfalls nicht wollen ist eine Entwicklung wie sie zwischen Ö 3 und
Ö1 passiert. Das eine ist die Cash-Cow, die nicht anders funktioniert wie jedes andere private Radio der Welt, aber öffentlich-rechtlich subventioniert wird. Das ist leider nicht mehr rücknehmbar. Aber bei Ö 1 darf sich nicht Werbung einschleichen, wie man es spürt. Es muss werbefrei bleiben!
Und wie ist das mit dem Online-Markt?
Schennach: Dieses Geschäftsfeld ist ebenfalls für die Zeitungen sehr hart, weil der ORF hier sehr mächtig ist. Was die Werbung betrifft haben wir hier die größten Zuwächse, bis zu 30 Prozent. Jetzt ist im Gesetz der
Online-Werbeanteil des ORF auf zehn Prozent beschränkt. Ich könnte mir
diesen Anteil niedriger vorstellen. Etwa fünf Prozent. Das genügt, weil es ja nicht das große Geld für den Küniglberg ist. Ein Vorschlag, für den ich mich allerdings nicht vor einen D-Zug legen würde...
Wie sehr schlägt ihr Herz für die privaten Sendern?
Schennach: Die haben sehr viel Innovation gemacht. Daher ist es gut, das es nunmehr Geld auch für sie gibt, jetzt zumindest zehn Millionen Euro. Als
Mediensprecher der Grünen bin ich über diese Entwicklung sehr erfreut. Gratulation an die Privaten. Sie haben es nicht leicht gehabt und sie bringen sehr innovative, spannende Formate auf dem Markt. Ob das immer so sein wird, ob es in Zukunft eine Berlusconisierung,Kloiberisierung und Murdochisierung gibt, das weiß ich nicht. Aber die meisten haben gezeigt, dass sie mehr können als nur Abspielsender zu sein.
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