Google investiert 150 Millionen in Journalismus
Der Internetkonzern Google will in den nächsten drei Jahren 150 Millionen Euro ausgeben, um Innovationen im digitalen Journalismus in Europa zu fördern. Außerdem will Google in einer Arbeitsgruppe direkt mit Medienmachern sprechen. Damit will der Suchmaschinenriese sein angespanntes Verhältnis zur Medienbranche verbessern.
Details zu der geplanten Initiative wollte Google am Dienstagvormittag in London vorstellen. Die Aktivitäten laufen unter dem Namen "Digital News Initiative", Initiative für digitale Nachrichten. Zum Start sind acht renommierte Medien beteiligt, darunter die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Zeit aus Deutschland sowie die britische Zeitung Guardian. Auch drei internationale Journalisten-Vereinigungen sind dabei. Die Initiative soll aber auch für andere Medien offen sein. Für den Innovationsfonds könne sich jeder bewerben, hieß es, auch reine Online-Medien oder Startups.
Arbeitsgruppe
Es gebe verständliche Diskussionen darüber, wie hochwertiger Journalismus im digitalen Zeitalter weitergeführt werden könne, erklärte Google-Manager Carlo D'Asaro Biondo. "Google wird Hand in Hand mit Verlegern und Organisationen arbeiten, um zu helfen, nachhaltigere Modelle für Nachrichten zu entwickeln." Dazu soll die gemeinsame Arbeitsgruppe dienen, der zu Anfang die acht Gründungsmitglieder der Initiative angehören. Sie wollen sich mit Google darüber austauschen, wie Bedürfnisse von Verlegern stärker in den Google-Produkten berücksichtigt werden können. Dabei geht es etwa um Werbeanzeigen, bezahlten Journalismus im Netz und die Nachrichtensuche Google News.
Gerade um die Darstellung von Verlagsinhalten bei Google News und der Google-Suche gibt es in mehreren europäischen Ländern Streit. In Deutschland ringt eine Vielzahl von Verlagen darum, ob Google ihnen Geld bezahlen muss, wenn kleine Fragmente ("Snippets") ihrer Artikel in der Nachrichten-Suchmaschine Google News anzeigt werden. Die FAZ und die Zeit beteiligen sich nicht an der VG Media, die Forderungen gegenüber Google geltend macht. In Spanien wurde Google News im Dezember ganz abgeschaltet, weil Google sonst eine Gebühr an die Verleger hätte zahlen müssen.
Ein ähnliches Programm zur Finanzierung von Innovation im Journalismus legte Google bereits in Frankreich auf. Dort stellte der US-Konzern 60 Millionen Euro bereit. Sie sollen unabhängig von der europaweiten Initiative weiterhin ausgezahlt werden.
Zu der "Digital News Initiative" zählt auch ein Trainingsprogramm von Google für Journalisten. Das US-Unternehmen will zudem Geld für Forschung zu Crowdsouring und zur veränderten Mediennutzung bereitstellen. Wie viel das genau sein soll, wollte Google zu Beginn der Initiative nicht sagen.
Österreichische Medien skeptisch
Der ORF und der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) reagierten auf Googles Ankündigung am Dienstag skeptisch bis kritisch. Angesichts eines "zweistelligen Milliardenbetrags, den Google an Werbung aus Europa abzieht", zeigte sich ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz von "150 Millionen an einige ausgewählte Verlage" aus dem Google-PR-Budget wenig beeindruckt. Man müsse erst abwarten "ob das ein Angebot "auf Augenhöhe ist, oder ob da nur ein paar Glasperlen an Einzelvertreter lokaler Eliten verteilt werden".
Er schätze durchaus, was Google zur medialen Entwicklung in den letzten Jahren beigetragen habe. "Es wäre absurd das zu verdammen. Es muss nur Regeln geben, und man darf das nicht dem Spiel der freien Kräfte überlassen", meinte der ORF-Chef im Hinblick auf das EU-Verfahren gegen Google.
Kreide geschluckt
Beim Verband Österreichischer Zeitungen sieht man im Google-Projekt eine Reaktion auf das Wettbewerbsverfahren der Europäischen Kommission. "Das Wettbewerbsverfahren von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager gegen Google und die Ankündigung von Digital-Kommissar Günther Oettinger, einen Vorschlag für ein europäisches Leistungsschutzrecht vorzulegen, zeigen Wirkung", betonte VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger gegenüber der APA.
"Google hat diese neue Strategie offenbar bei den Römern nachgeschlagen: Nach dem Leitspruch 'Teile und Herrsche' pickt sich der Konzern ein paar renommierte Medien für Kooperationen heraus und meint, so die Forderung nach fairen Marktbedingungen vom Tisch zu bekommen. Die Mehrheit der europäischen Medien, die auf einen fairen Rechtsrahmen für die digitale Welt bauen, schaut weiterhin dabei durch die Finger, wenn Google ihre Inhalte nutzt, um damit Geld zu verdienen", so Grünberger. Für Europas digitale Wirtschaft sei jedenfalls eine Lösung zu bevorzugen, die auf einer rechtlichen Basis steht und nicht vom Wohlwollen Googles abhängig ist.
"Gerade für kleinere Länder wie Österreich ist es essenziell, dass es einen verbindlichen Rechtsrahmen in der digitalen Welt gibt. Denn kleinere Nationen wie Österreich laufen besonders Gefahr, bei der Digitalisierung unter die Räder zu kommen." Für Grünberger ist deshalb klar, dass sowohl die EU-Kommission als auch der nationale Gesetzgeber nicht vom eingeschlagenen Weg abrücken dürften: "Google hat Kreide geschluckt, sein Geschäftsmodell hat der Web-Gigant jedoch beibehalten. Es fußt zu gewichtigen Teilen darauf, Inhalte von Dritten unentgeltlich zu nutzen, um damit Werbeeinnahmen zu lukrieren, das Prinzip der fairen Suche zu missachten und eigene Dienste bevorzugt zu behandeln." Laut einer IHS-Studie zieht der US-Konzern allein vom österreichischen Werbemarkt jährlich 150 bis 180 Millionen Euro ab.
Die EU-Kommission müsse das Wettbewerbsverfahren gegen Google weiterführen, die heimische Bundesregierung an ihrem Plan festhalten, in Kürze ein nationales Leistungsschutzrecht vorzulegen und die Europäischen Union mittelfristig ein europäisches Leistungsschutzrecht umsetzen, so VÖZ-Geschäftsführer Grünberger. "Dann hat Europas digitale Wirtschaft die Chance, neben den US-Netz-Giganten zu bestehen, und Googles 150 Mio. Euro sind nicht das Ende, sondern erst der Anfang."
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