Demo für Pressfreiheit: Polizei setzt Tränengas ein

Demo eskalierte
Anzeige von Erdogan persönlich. Die Verhaftung von Journalisten löst heftige Proteste aus.

Die türkische Polizei hat bei bei einem Protest gegen die Verhaftung von zwei "Cumhuriyet"-Journalisten in der Hauptstadt Ankara Tränengas eingesetzt. Unter den Demonstranten waren auch mehrere Abgeordnete der größten Oppositionspartei CHP. Im Istanbuler Stadtteil Sisli demonstrierten am Freitag zudem rund Tausend Menschen vor dem Redaktionsgebäude der "Cumhuriyet".

Gegen Zeitungschef Can Dündar und Hauptstadtkorrespondenten Erdem Gül war am Donnerstag unter anderem wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Spionage Haftbefehl erlassen worden. Hintergrund ist ein von Dündar und Gül verfasster Bericht über angebliche Waffenlieferungen von der Türkei an Extremisten in Syrien. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte persönlich Anzeige erstattet.

Demo für Pressfreiheit: Polizei setzt Tränengas ein
epa05044271 A handout picture provided by Cumhuriyet newspaper of people gathered in front Turkish newspaper Cumhuriyet for supporting Can Dundar and Erdem Gul who were arrested by an Istanbul court in Istanbul, Turkey 27 November 2015. The editor in chief of Turkish newspaper Cumhuriyet and its Ankara correspondent were arrested on 26 November after publishing a report about the delivery of weapons from Turkey to extremists in Syria. Editor Can Dundar and journalist Erdem Gul of the Cumhuriyet newspaper, which is critical of the government of President Recep Tayyip Erdogan, face charges of belong to a terrorist group and espionage. EPA/CAN EROK / HANDOUT HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES/NO ARCHIVES
Oppositionsvertreter und Medienverbände sprachen von einem Angriff auf die Pressefreiheit. Zunächst hatte die Regierung den von der Zeitung erhobenen Vorwurf von Waffenlieferungen zurückgewiesen und von einer humanitären Sendung für die Turkmenen in Syrien gesprochen. Inzwischen fallen die Dementis jedoch wesentlich schwächer aus. Nach der Veröffentlichung des Berichts wurden Ende Oktober die Büros von " Cumhuriyet" in Istanbul und Ankara durchsucht. Erdogan kündigte an, Dündar werde "einen hohen Preis zahlen". Der Chefredakteur sagte vor dem Haftrichter, er sei weder ein Spion noch ein Held, sondern lediglich ein Journalist. Bei einer Verurteilung drohen Dündar und Gül lebenslange Haftstrafen.

"Schande"

Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu sprach von einer Schande. Die Kurdenpartei HDP erklärte, die Regierung wolle eine Debatte über ihre Unterstützung für radikale Gruppen in Syrien verhindern. Die türkische Justiz stehe mittlerweile unter der "direkten Kontrolle" der Regierung. Auch die Anwaltskammer Istanbul und der einflussreiche Wirtschaftsverband Tüsiad kritisierten die Haftbefehle.

Die Journalistenverbände TGC und TGS betonten in einer gemeinsamen Erklärung, es sei nicht die Aufgabe von Journalisten, staatliche Interessen zu schützen. Das Vorgehen der Justiz widerspreche der Rechtsprechung des türkischen Verfassungsgerichtes und auch europäischem Recht. Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) und der Bund türkischer Journalisten in Europa forderten die EU-Staatschefs auf, sich für die Journalisten einzusetzen. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte die Verhaftung der Journalisten scharf.

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