Das Ende des Chief Marketing Officer

Ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift „CMO Chief Marketing Officer“.
ch"Der CMO ist tot", erklärt Dominique Turpin, Präsident und Professor der in Lausanne beheimateten Business School International Institute for Management Developement (IMD). Die Bedeutung des Marketing-Vorstands schwindet. Turpin spricht von einem alarmierenden Niedergang dieser Funktion innerhalb der Geschäftsführungsebene von Unternehmen und Konzernen. An Dramatik gewinnt diese Entwicklung in einer Zeit, macht Turpin aufmerksam, in der markenführende Unternehmen behaupten, sie würden konsumenten-zentrierte Organisationen werden oder sein.

Und in der Realität, so Turpin weiter, sind sie nach wie vor produkt-gesteuerte Betriebe.

Der Wirtschaftsprofessor macht die CMO-Schwäche an den Stärken-Gewinn der anderen Chief Executives fest. "Der CEO definiert die Gesamt-Strategie. Die Forschung- und Entwicklungsmanager sowie die Innovation-Teams gestalten die Produkte. Und der Chief Financial Officer legt das Pricing fest und definiert die Abteilungsbudgets", skizziert Turpin.

Der CFO ist der Totengräber des CMO

Der Machtgewinn der CFOs ist für Turpin ein zentraler Grund für das Ableben des CMOs. Aus der Kurzfristigkeit von Finanzmärkten resultierender Druck stärkt den CFO innerbetrieblich und gibt ihm die Macht in die Hand, Preis-Entscheidungen zu treffen, die einem Marketing-Vorstand abhanden kamen und die dieser nicht mehr trifft.

Die Agenden von Marketing-Vorständen verschoben sich, argumentiert der IMD-Präsident, zusehends in Richtung Public Relations und Unternehmenskommunikationsaufgaben. "CMOs sind immer weniger in die Produkt-Genese und die Preisgestaltung involviert", erläutert Turpin.

Ganz klar nährt sich der CMO-Bedeutungsverlust auch aus dem "Erbfehler" des Marketings. Dessen Wirkweisen und Effekte sind oft schwer zu messen und nachzuweisen. "Marketing ist mehr Kunst als Wissenschaft", präzisiert Turpin dieses, na ja, "Klischee". Dazu kommt noch, dass sich Marketing, seiner Ansicht nach, in eine babylonische Sprachverwirrung hinein gearbeitet hat und es im Marken-Management oft keine klare Vorstellungen mehr gibt, was Marketing ist und zu sein hat.

Davon ausgenommen sind Konzern und Marken, bei denen Marketing, wie etwa bei Apple oder Ikea eine mächtige und zentrale Rolle in der Unternehmen-DNA spielen.

Ein lächelnder Mann mit einem blau-weiß karierten Hemd vor einem blauen Hintergrund.
Dominique Turpin, Präsident der Schweizer Business-School IMD, prognostiziert das Ende des CMO (c: imd)

Als Gegenmittel empfiehlt Turpin allen jetzigen CMOs, diesen Titel zu entsorgen und als Chief Commercial Officer eine Auferstehung zu feiern. Dafür ist zentral, dass man als CCO im Vorstand klar und deutlich als "Stimme des Marktes also der Konsumenten" auftritt. Mit dem, im übertragenen Sinne, "Markt im Rücken" bekommt der CCO Gewicht in der Produkt- und Preisgestaltung.

Damit legen diese Vorstände und Geschäftsführer wiederum die Basis, um CEOs und CFOs von der Bedeutung und der Gewichtung ihrer Agenden in der Unternehmensführung zu überzeugen. Turpin: "Ein CEO versteht eine konsumenten-zentrierte Agenda besser als sonst jemand im Unternehmen. Den CFO kann der CCO wiederum mit harten Zahlen, die Return-on-Investment-Indizien aufweisen und nachweisliche Effekte auf das Finanzgebaren eines Unternehmens haben, überzeugen.

Turpins Slogan zu dieser Migration: "Auf Wiedersehen CMO. Herzlich willkommen CCO."

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