Blick in den Rupertiwinkel

atRupert Murdoch verdient unseren Respekt. Meinen hat er sich mit der konsequenten Paid Content-Haltung verdient. Einerseits wegen der Einführung der Kostenpflicht bei TheTimes.co.uk und TheSundayTimes.co.uk und andererseits weil er sich nicht von den zaudernden CEO-Kollegen, hadernden Mitbewerbern, Bedenkenträgern an Universitäten und nicht zuletzt den Content-Kostenlos-Päpsten der jüngeren Web-Generation, die alle keine Spur von Idee für Medien-Geschäftsmodelle von Morgen haben, irritieren lässt.

Murdoch weiß wie Paid Content funktioniert. Die Erfahrungen mit Wall Street Journal Online sollten für einen Beginn ausreichen. Ein Konjunkturtief kann und ist für Neues ein sinnvoller Zeitpunkt. Dass die Online-Reichweite der beiden britischen Titel leidet, liegt auf der Hand. Aber die von Mediaagenturen genährte Reichweiten-Geilheit ist und kommt allmählich an ihre Grenzen. Sie führt beispielsweise in eine Medien-Monokultur, die ebenso wie eine falsche Medienpolitik demokratiegefährdend ist.

Welchen Wert ein registrierter und bezahlender User hinter einer Paywall hat, darüber haben sich die Theoretiker und Praktiker in den Mediaagenturen, wie es scheint, noch nicht den Kopf zerbrochen. Wie dieses Vertrauen, wie diese Bindung, wie diese Beziehung zu evaluieren ist, wird nicht offen diskutiert. Der Ursache dafür dürfte auch sein, dass in der langen Medien-Vergangenheit nie über die Ränder hinausgedacht wurde, wie mit Print-Abonnenten, gebührenzahlenden oder Pay-TV-Kunden andere Geschäfte gemacht werden können als Erlösmodell-Krücken, die das Kerngeschäft stützen.

Bindung und Interaktion von Konsumenten ist im Vermarktungskosmos nichts oder noch zu wenig wert. Brutto-Kontakt-Massen sind leichter zu manövrieren, da damit die Preisspirale nach unten zu drücken ist. Geringere Netto-Reichweiten von soziodemografisch klar erkennbaren Menschen, in denen noch Bindungsabsichten und -motivationen berücksichtig sind, ist eine noch konsequent negierte Medienzukunft. Nicht zuletzt weil damit wieder höhere TKPs verbunden wären.

Hinter Online-Bezahlschranken lauert auf den ersten Blick eine Krise und ein Scheideweg für Medien. Dahinter ist aber auch Platz für Ideen, Kreativität und Raum um zu beweisen, dass Medien ihre Markenkraft verdienen und ihre Nutzer endlich ernst nehmen. Und es zeugt nicht gerade von Stärke einer Gesellschaft und einer Zivilisation, die bereit ist für äußerst fragwürdige Hervorbringungen von Unternehmen zu bezahlen aber aus Kleinbeträgen für Inhalte plötzlich Großinvestitionsentscheidungen zu machen.

Um nochmals auf Murdoch zu kommen. Seit der Übernahme des Wall Street Journals stieg deren Leserzahl um 20 Prozent. Die Tageszeitung ist mittlerweile die reichweitenstärkste der USA und hat den Boulevard-Titel USA Today überholt.

Thomas Loser

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