ATV kippt Elefantenrunde für Wien-Wahl

Die Gespräche über eine gemeinsame "Elefantenrunde" von ORF, Puls 4 und ATV zur Wiener Landtagswahl sind geplatzt. ATV zieht sich aus der Kooperation zurück und plant ein eigenes Format, teilte der Sender am Donnerstag mit. Eine gemeinsame TV-Konfrontation sei nur bei gleichberechtigter Beteiligung aller Sender möglich, sagte ATV-Geschäftsführer Martin Gastinger. Seitens des ORF verweist darauf, dass es ATV viel mehr um Werbeunterbrechungen gegangen sei.
Der Hintergrund: Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) zeigt sich im Vorfeld der Wien-Wahl am 11. Oktober nur zu einer Fernsehkonfrontation bereit, insbesondere mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Der Landeshauptmann wünschte deshalb eine Kooperation der TV-Anstalten.
Zweifel
"Wir hatten von Anfang an Zweifel, ob eine Sendung mit ORF und Puls 4 zusammen machbar sei", meinte ATV-Chef Martin Gastinger. "Wir werden aber die Umsetzung einer so entscheiden Wahldebatte nicht anderen überlassen. Eine Sendung, bei der der ORF für Gesprächsführung, Regie und Produktion verantwortlich sein soll, ist für uns unvorstellbar", begründete Gastinger den Ausstieg seines Sender. ATV werde daher ein eigenes innovatives Sendungskonzept entwickeln. "Wir werden selbstverständlich alle Spitzenkandidaten und natürlich auch den Wiener Bürgermeister einladen."
Ähnlich ATV-Infochef Alexander Millecker: "Eine gemeinsame Sendung ist nur dann sinnvoll, wenn sie von gleichberechtigten Partnern produziert wird." Die journalistischen Ansprüche könnten nur in einer eigenen Sendung wahren. "Weichgespülte Interviewfragen oder gar politische Beißkörbe wird es in einer ATV-Wahlsendung niemals geben." Selbstverständlich werde man auch den SPÖ-Listenersten Häupl zur ATV-Auseinandersetzung einladen, so Millecker. Und Gastinger ergänzte gegenüber dem KURIER: "Obama geht ja auch nicht nur zu einem Sender."
Unterstellung
Das bezeichnete ORF-Unternehmenssprecher Martin Biedermann als "absurde Unterstellung". "Es gab bis zuletzt mit den Beteiligten sehr konstruktive Gespräche, in denen die meisten zu klärenden Punkte bereits abgehakt waren. Der ORF ist überrascht, dass ATV sich nun plötzlich aus der geplanten Kooperation zurückzieht. Die absurde Unterstellung seitens ATV, die politische Unabhängigkeit einer solchen Diskussionssendung sei nur bei einer Beteiligung von ATV gewährleistet, weist der ORF scharf zurück." Laut ORF ging es um anderes. "Dass ATV offensichtlich nicht auf Werbeunterbrechungen verzichten wollte, die dem ORF schon per Gesetz untersagt seien, und nun den Spieß mit haltlosen Untergriffen umzudrehen versucht, ist sehr bedauerlich", schließt Biedermann.
ORF-Journalisten sehen "pauschale Verunglimpfung"
Auch die ORF-Journalisten reagierten verärgert auf die Begründung des Privatsenders ATV für den Ausstieg von einer gemeinsamen "Elefantenrunde" von ORF, Puls 4 und ATV zur Wiener Landtagswahl. Die Redakteursvertretung des öffentlich-rechtlichen Senders zeigte am Donnerstag "keinerlei Verständnis" dafür, dass ATV die Unabhängigkeit der ORF-Berichterstattung in Bausch und Bogen anzweifelt.
Den Journalisten der anderen beteiligten Sendern zu unterstellen, sie würden "weichgespülte Interviewfragen" stellen und "politische Beißkörbe" tragen, sei eine pauschale Verunglimpfung von Journalisten anderer Medien und eine unnötige Unterstellung, um die Konkurrenz schlecht zu reden. "Auch bei sachlichen Differenzen zwischen Privatsendern und dem ORF gibt es keinen Grund, einander zu beschimpfen und Unprofessionalität zu unterstellen", so der Redakteursratsvorsitzende Dieter Bornemann.
Selbstverständlich bleibe es ATV unbenommen, bei der geplanten Konfrontation zur Wien-Wahl nicht mit dem ORF und Puls 4 zu kooperieren. Beim zweiten Privaten ist noch keine Entscheidung gefallen, ob man tatsächlich mit dem ORF eine Wahlkonfrontation durchführen will. "Wir führen ergebnisoffene Gespräche", heißt es dazu bei Puls4.
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