atmedia.at-Interview mit Hans Mahr

Ein Mann mit Brille und Anzug hält ein Mikrofon in der Hand.
at // Medien-Berater Hans Mahr ist überzeugt, dass eine große Koalition kommen wird und damit eine unabhängige Medienbehörde entsteht. atmedia.at: Herr Mahr, was erwarten sie sich von der österreichischen Medienpolitik nach dieser Nationalratswahl? Mahr: Ich bin überzeugt, dass in den kommenden Wochen die Köpfe in der ÖVP und der SPÖ auskühlen und sich dadurch die Chancen auf eine unabhängige Medienbehörde erhöhen. Die Gelegenheit dafür ist besser den je. Weiters wird es zu einer Definition der ORF-Aufgaben kommen , die gesetzlich verankert gehören. atmedia.at: Kann man daraus ableiten, dass sie sich eine große Koalition erwarten? Mahr: Ich gehe davon aus, dass es zu einer großen Koalition und zu einer Einigung zwischen ÖVP und SPÖ kommen wird.

atmedia.at: Welche Bedingungen müssen für den ORF geschaffen werden, um dessen Entwicklungsmöglichkeiten sicher zu stellen?
Mahr: Erstens braucht es, wie eingangs erwähnt, eine Klarstellung hinsichtlich der medialen Aufgaben des ORF. Vorbildfunktion dafür hat sicherlich der deutsche Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der demnächst beschlossen wird. Es muss auch in Österreich eine ähnliche Fixierung von Rahmenbedingungen geben wie in Deutschland. Das hat nicht die EU allein zu entscheiden, die zukünftigen Spielregeln für den ORF müssen in Österreich festgelegt werden. Zweitens freut es mich natürlich, dass der Stiftungsrat-Vorsitzende Klaus Pekarek einen von mir vor zwölf Jahren gemachten Vorschlag aufgegriffen hat: Teil- Privatisierung von ORF 1, ORF 2 wie bisher öffentlich-rechtlich.

Ein Mann mit Brille und Anzug sitzt nachdenklich da.
Hans Mahr, Medienberater (c: maximilian kiefhaber)

atmedia.at: Was empfehlen sie in ihrer Funktion als Berater Medienunternehmen angesichts der sich verschlechternden Wirtschaftslage?
Mahr: Auf jeden Fall rate ich davon ab Private Equity-Firmen in das Unternehmen zu holen oder generell Kapitalmarkt-Lösungen anzustreben. Bertelsmann hat mit dem Aktienrückkauf den richtigen Schritt gemacht. Der Konzern musste nicht an die Börse gehen und so resistenter gegen wirtschaftliche Turbulenzen. Die ProSiebenSat.1-Gruppe oder die von David Montgomery geführten Zeitungen, Berliner Zeitung und Berliner Morgenpost, sind Negativbeispiele. Medienunternehmen sind keine Schraubenfabriken und leben vom persönlichen Interesse von Verlegern oder Familien wie Dichand bis Russ. Damit wird Qualität gewährleistet. Darüber hinaus ist es für Medienunternehmen wichtig auf allen medialen Plattform präsent zu sein. Content muss zu jederzeit und in jeder Form verfügbar sein. Für Zeitungen genügt Print nicht, die müssen auch im Internet präsent sein und für Bewegtbilder auch mit TV-Unternehmen kooperieren.
atmedia.at: Wie betroffen sind Medien vom Börsen-Crash der letzten Stunden?
Mahr: Sie werden den Crash sehr deutlich zu spüren bekommen, die rezessiven Tendenzen werden sich bereits kommende Weihnachten bemerkbar machen. 2009 werden nicht nur die Werbeerlöse betroffen sein, sondern das für die Weiterentwicklung von Medien notwendige Fremdkapital ist im kommenden Jahr nur teuer und schwer zu bekommen.
atmedia.at: Herzlichen Dank für das Gespräch.

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