Athen: Pleite-Folgen nicht absehbar
Hatte die Ankündigung des griechischen Referendums vor Tagen für kräftige Kursverluste an den Börsen gesorgt, sorgte die voraussichtliche Absage am Donnerstag Nachmittag für Kursgewinne. Nach heftigem Auf und Ab ging der DAX in Frankfurt etwa mit 2,8 Prozent aus dem Rennen, in Mailand war das Aufatmen mit 3,3 Prozent Plus im Leitindex noch größer.
Vor der Entscheidung in Athen stiegen die Renditen für zehnjährige italienische Staatspapiere aus Angst vor einer Pleitewelle mit 6,34 Prozent auf ein Rekordhoch seit Gründung des Euroraums. Die Rendite zweijähriger griechischer Papiere betrug zeitweise sogar mehr als hundert Prozent. Das lag an extremen Kursschwankungen, weil die Anleihen kaum noch gehandelt werden. Eine Staatspleite Griechenlands ist immer noch nicht ganz vom Tisch: "In Athen sind die Nerven aller zum Zerreißen gespannt", berichtet Bruno Freytag, Wirtschaftsdelegierter in Griechenland.
Die G-20 rechneten zuletzt die Kosten einer griechischen Staatspleite durch. Sie gehen davon aus, dass die Märkte noch länger turbulent sein werden, selbst wenn die Griechen in der Euro-Zone bleiben.
Österreichs Finanzministerin Fekter warnte am Donnerstag vor einem Dominoeffekt. Eine Pleite Griechenlands müsse verhindert werden, damit die CDS (Kreditausfallsversicherungen) nicht schlagend werden.
Österreich betroffen
Was passieren würde, wenn Athen tatsächlich pleitegeht, kann man noch gar nicht abschätzen. "Weil nicht klar ist, wie groß die Ansteckungsgefahr für Länder wie Italien ist", erklärt Marcus Scheiblecker vom WIFO. Müssen diese Länder künftig noch mehr Zinsen für ihre Staatspapiere zahlen, werden sie verstärkt sparen. Und das trifft dann auch die österreichische Exportwirtschaft. Der Handel mit
Griechenland ist überschaubar. Vor allem Handys und Energy-Drinks werden den Hellenen geliefert.
Aber Italien ist Österreichs zweitwichtigster Handelspartner. 2010 gingen Waren im Wert von 8,55 Milliarden Euro nach Italien. Dazu kommen indirekte Exporte. So liefert Österreich etwa an deutsche Autobauer, die dann wiederum nach Italien exportieren. Geht den Italienern das Geld aus, wäre "neben der Exportwirtschaft auch der Tourismus stark betroffen", meint Scheiblecker. Denn Italiener sind gerade in Österreichs Städten wichtige Gäste. In den bilateralen Handel kam nach einer Krise 2009 erst jüngst wieder Schwung, erklärt Michael Berger, Handelsdelegierter in Rom.
Österreichs Finanzbranche rüstet sich für eine mögliche Pleite Griechenlands. "Wir sind laufend in guten Kontakten mit Banken, um uns entsprechend vorzubereiten", sagt Nationalbank-Direktor Andreas Ittner. Zudem sollen die Großbanken Erste Group, Raiffeisen und Volksbanken AG bis Jahresende Pläne übermitteln, wie sie bis Mitte 2012 die neu vorgegebenen 9 Prozent hartes Kernkapital erreichen wollen. Die Europäische Bankenaufsicht schätzt den Kapitalbedarf auf vier Milliarden Euro. Nicht äußern wollte sich Ittner, ob die staatliche KA Finanz - Bad Bank der Kommunalkredit - wegen der hohen Griechenland-Veranlagung weiteres Staatsgeld brauchen wird.
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