Athen: Geuro gegen den Grexit

Nahaufnahme von griechischen 1-Euro-Münzen mit einer Eule.
Deutsche-Bank-Chefökonom Thomas Mayer bringt eine Parallelwährung für Griechenland ins Spiel: den Geuro.

Griechenland könnte nach Ansicht von Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Thomas Mayer mit einem finanzpolitischen Kniff einen Austritt aus dem Euro (Grexit) umgehen – und zwar mit der Ausgabe von Schuldscheinen. Mit dieser Parallelwährung, kurzerhand "Geuro" genannt, könne der klamme Staat dann zumindest seinen Verpflichtungen nachkommen. Voraussetzung sei jedoch, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) und die anderen Euro-Länder Hellas weiter unterstützten - wenn auch in geringerem Umfang.

Denkbar sei etwa, dass nur noch Gelder überwiesen würden, die für den Schuldendienst Griechenlands benötigt würden. Mayer, der sein Szenario den "Weg des geringsten Widerstandes nennt", hält es in diesem Fall für möglich, dass weitere Finanzhilfen für die Regierung in Athen gestoppt würden. Allerdings wäre es nötig, dass die angeschlagenen griechischen Geldinstitute in einer europäischen "Bad Bank" aufgefangen würden. Sie könnten sich in diesem Planspiel über Forderungen an den europäischen Rettungsschirm EFSF rekapitalisieren. Ein wichtiger Nebeneffekt: Die Einlagen der dann de facto unter EU-Kuratel stehenden Banken könnten garantiert werden. Mit diesem Manöver dürfte es nach Ansicht des Volkswirts gelingen, dass viele verschreckte Kontobesitzer neues Vertrauen fassen und ihr zuvor aus Furcht vor dem Euro-Austritt abgehobenes Erspartes wieder zur Bank tragen.

Mit der Ausgabe von Schuldscheinen könnte die Regierung in Athen laut Mayer gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einerseits würde der Euro-Austritt vermieden, andererseits wäre de facto eine Anpassung des Wechselkurses möglich. "Anfangs dürfte es zu einer massiven Abwertung kommen", schreibt Mayer. Die Regierung habe es dann aber in der Hand, das Land mit Strukturreformen zu stabilisieren und damit die Tür für eine vollständige Rückkehr zum Euro offenzuhalten.

Löhne schrumpfen

Die Griechen verdienen nahezu ein Viertel weniger als noch vor einem Jahr. Der Nettoverdienst - nach Abzug von Steuern und sonstigen Abgaben - liegt derzeit bei jährlich 13.167 Euro. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Lohn damit um fast 23 Prozent gesunken. Das geht aus einer Studie hervor, die die konservative Brüsseler Denkfabrik New Foundation am Montag vorstellte.

Damit liegen die Bürger des krisengeschüttelten Staates immer noch weit vor den europäischen Schlusslichtern Bulgarien und Rumänien. Hier liegt der Nettolohn der Untersuchung zufolge derzeit bei 2.772 und 3.594 Euro pro Jahr. Auch in Litauen und Ungarn bleiben Arbeitnehmern weniger als 5.000 Euro pro Jahr.

Schäuble und Moscovici wollen Griechenland in Eurozone halten

Wolfgang Schäuble und ein weiterer Mann bei einer Pressekonferenz.

Trotz der innenpolitischen Krise in Griechenland halten der deutsche Finanzminister Schäuble (CDU) und sein neuer französischer Kollege Pierre Moscovici an einem Verbleib des Landes in Eurozone fest. Beide wollten, "dass Griechenland im Euroverbund bleibt", und "alles daransetzen, dass das gelingt", sagte Schäuble am Montag nach einem Gespräch mit Moscovici in Berlin. Dieser betonte, Athen habe "bereits große Anstrengungen unternommen", die auch anerkannt werden müssten. "Aber Reformen sind auch notwendig", mahnte Moscovici. Auch Schäuble forderte, Griechenland müsse seine Zusagen einhalten.

In der Finanz- und Wirtschaftskrise in der Europäischen Union setzt Moscovici auf Kontinuität in den engen Beziehungen zu Deutschland. "Wenn Deutschland und Frankreich übereinstimmen, wird Europa vorankommen", sagte er. Dies schließe jedoch "politischen Dissens nicht aus". Auch Schäuble sagte, "wenn Frankreich und Deutschland nicht am selben Strang und in dieselbe Richtung ziehen", sei es schwierig, "in Europa weiter voranzukommen". Er sei aber "zuversichtlich, dass wir das wie in der Vergangenheit übrigens immer leisten werden".

Wie Frankreichs neuer Präsident François Hollande bekräftigte Moscovici, bis zum kommenden Jahr das französische Defizit unter die Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) drücken zu wollen. Dies sei "eine Frage des Vertrauens und der Glaubwürdigkeit".

Mehr zum Thema

  • Hintergrund

  • Hintergrund

Kommentare