Arbeitslosigkeit um 9,3 Prozent gestiegen

Die Arbeitslosigkeit steigt, schuld sind die anderen?
Bei Langzeitarbeitslosen gab es im Februar einen Anstieg um fast 45 Prozent.

Die Ankündigung von AMS-Vorstand Johanns Kopf, die Regierung könne "heuer nicht mehr wahnsinnig viel" gegen die steigende Arbeitslosigkeit machen (mehr dazu...), scheint sich zu bewahrheiten: Die Zahl der Arbeitslosen und Schulungsteilnehmer ist in Österreich im Februar um 36.837 auf 440.843 gestiegen, das waren um 9,1 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen stieg um 30.344 auf 356.745, ein Anstieg um 9,3 Prozent, an Schulungen nahmen 84.098 Personen (+8,4 Prozent) teil.

Ende Februar waren 3,437.000 Personen unselbstständig beschäftigt, um 22.000 bzw. 0,6 Prozent mehr als vor einem Jahr. Allerdings gab es auch um 24.554 weniger gemeldeten offenen Stellen, ein Minus von 0,8 Prozent. Vor allem Dienstleistungsbranchen wie der Einzelhandel, das Unterrichtswesen, der Tourismus, die Gebäudebetreuung und das Gesundheits- und Sozialwesen sorgten für steigende Nachfrage nach Arbeitsplätzen, teilte das Sozialministerium am Montag mit.

Die stärksten Zuwächse unter den Arbeitslosen gab es bei den Langzeitarbeitslosen. Hier kam es im Februar zu einem Anstieg um 43,3 Prozent auf 8.773 Personen. Die Arbeitslosigkeit von Personen mit gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen nahm um 30,7 Prozent auf 58.091 Personen zu. Dagegen ging die Zahl der Arbeitslosen mit Einstellungszusage um 8,5 Prozent auf 88.997 Personen zurück. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigen über 50-Jährigen erhöhte sich um 4,7 Prozent auf 783.000 (Reaktionen dazu: siehe unten).

Insgesamt lag die Arbeitslosenquote Ende Februar nach nationaler Definition bei 9,4 Prozent. Im europäischen Vergleich lag Österreich nach Eurostat-Definition mit 4,9 Prozent (letztverfügbare Daten von Jänner) knapp vor Deutschland an erster Stelle.

Kaske: Arbeit schaffen, Arbeit sichern

"Arbeit schaffen, Arbeit sichern", ist angesichts der Monat für Monat steigenden Arbeitslosenzahlen für Arbeiterkammer Präsident Rudi Kaske oberste politische Priorität: "Dafür braucht es aber mehr Initiativen für mehr Arbeit." "Nichts kommt einem Sozialsystem teurer als unerträglich hohe Arbeitslosigkeit", so Kaske via Aussendung.

Arbeitslosigkeit um 9,3 Prozent gestiegen
APA11848198 - 12032013 - WIEN - ÖSTERREICH: Der neugewählte AK-Präsident Rudolf Kaske während einer Pressekonfernz nach der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am Dienstag, 13. März 2013, in Wien. APA-FOTO: ROBERT JAEGER

Neben den notwendigen Investitionen in Kinderbetreuung, ganztägige Schulformen, Pflege und sozialen Wohnbau, müssten auch die notwendigen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ausreichend dotiert sein.

Hundstorfer: Schwacher Trost

"Für die Arbeitssuchenden bleibt es wohl nur ein geringer Trost, dass Österreichs im europäischen Vergleich weiterhin die geringste Arbeitslosigkeit aufweist. Mit einer internationalen Arbeitslosenquote von 4,9 Prozent und einer Jugendarbeitslosenquote von 10,5 Prozent liegt die Performance des österreichischen Arbeitsmarktes nach wie vor im europäischen Spitzenfeld", so Sozialminister Rudolf Hundstorfer in einer Aussendung.

Im Detail

Am Lehrstellenmarkt hat sich die Lehrstellenlücke per Ende Februar um 513 auf 1.935 erhöht. Insgesamt waren 4.841 Lehrlinge auf der Suche nach einer Lehrstelle, ein Plus von 2,3 Prozent. Es gab aber nur 2.906 offene Lehrstellen, ein Minus von 12,2 Prozent. Die Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen stieg um 3,9 Prozent, 48.624 waren im Februar arbeitslos.

Nach wie vor fiel es im Februar besonders älteren, gering qualifizierten und gesundheitlich beeinträchtigten Personen schwer, wieder zurück in den Arbeitsmarkt zu finden. Am stärksten stieg die Arbeitslosigkeit mit 29,5 Prozent bei den über 50-Jährigen und mit 20,3 Prozent bei Behinderten. Ebenfalls deutlich über dem Durchschnitt von 9,3 Prozent stieg die Arbeitslosigkeit auch unter Ausländern (+16,2 Prozent) und bei Frauen (+13,5 Prozent). Männer waren mit plus 7,0 Prozent dagegen weniger stark betroffen.

Nach Branchen

Mit Ausnahme der Baubranche hat sich in allen anderen Branchen die Situation am Arbeitsmarkt im Februar verschlechtert. Am Bau waren erstmals seit zwei Jahren wieder weniger Personen arbeitslos gemeldet, ihre Zahl verringerte sich um 2,1 Prozent oder 1.431 Personen auf 67.183. Ursache dafür war vor allem der frühe Saisonstart aufgrund des milden Wetters.

Um 16,1 Prozent mehr Arbeitslose gab es im Gesundheits- und Sozialwesen (7.733 Personen), sowie um 14,1 Prozent im Tourismus (35.860). Im Handel stieg die Zahl der Arbeitslosen um 13,2 Prozent auf 48.373, in der Leiharbeitsbranche waren um 9,6 Prozent mehr arbeitslos, in der Warenherstellung um 9,1 Prozent mehr.

Bundesländer

Innerhalb der Bundesländer kam es in Wien mit 13,2 Prozent zum stärksten Anstieg der Arbeitslosigkeit, gefolgt von Tirol (+11,5 Prozent) und Oberösterreich (+9,7 Prozent). Am geringsten fielen die Zuwächse in Vorarlberg (+4,6 Prozent) und dem Burgenland (+5,4 Prozent) aus. In Kärnten und der Steiermark waren es um 6,8 Prozent mehr, in Niederösterreich um 7,0 Prozent und in Salzburg um 9,1 Prozent mehr.

Die Lage der Älteren am Arbeitsmarkt ist dramatisch. Wir müssen daher alles tun, damit Ältere länger Arbeit haben", fordert Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB. Im Februar hat es laut ÖVP-Seniorensprecherin Gertrude Aubauer um 35.000 mehr Beschäftigte im Alter über 50 als noch im Februar 2013 gegeben, und leider auch um 15.343 Arbeitslose in diesem Alter mehr. Sie fordert, dass die im Regierungsprogramm vereinbarte Teilpension nun zur Jahresmitte in Kraft treten müsse.

Damit könnten Männer und Frauen, die eine vorzeitige Pension antreten, eine echte Wahlmöglichkeit erhalten. Zusätzlich sollte die "Aufschub-Bonuspension" Frauen mit 60 und Männer mit 65 ermutigen, ihre Pension nicht anzutreten, sondern freiwillig noch einige Zeit (auch in Teilzeit) weiterzuarbeiten.

Bonus-Malus-System

Achitz fordert, die Betriebe in die Pflicht zu nehmen. Es müsse für Unternehmen deutlich teurer werden, ältere Beschäftigte vor die Tür zu setzen. Das wäre etwa durch das Bonus-Malus-System möglich. Die Devise müsse "Umschulen statt Rauswerfen" lauten. Das sei auch im Interesse der Wirtschaft, die immer vor einem demografisch bedingten Fachkräftemangel warne.

Radikales Umdenken

Ein "radikales Umdenken in der Arbeitswelt, in den Köpfen der Firmenchefs und in den Personalabteilungen" fordert dagegen der Präsident des SP-Pensionistenverbands (PVÖ), Karl Blecha. Dass heute Menschen ab 50 als "zu alt" für den Arbeitsmarkt gelten, sei ein Skandal. Es sei höchst an der Zeit, dass der falsche "Jugendwahn" in der österreichischen Arbeitswelt endlich der Vergangenheit angehöre. Blecha fordert einen Paradigmenwechsel in den Chefetagen, altersgerechte Jobs, betriebliche Gesundheitsvorsorge und ein Bonus-Malus-System.

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