Länger arbeiten: Was andere EU-Länder besser als Österreich machen

Die Arbeitsmärkte und Pensionssysteme in Europa steuern auf ein veritables Demografie-Problem zu. Soweit, so bekannt. Die einzelnen Länder sind aber durchaus unterschiedlich betroffen und haben daher bisher viel oder wenig dagegen getan. Ein aktueller Eurostat-Vergleich zeigt, wie lange die Arbeitskräfte im Erwerbsleben bleiben.
Mit einer durchschnittlichen, erwarteten Lebensarbeitszeit von 38,7 Jahren liegt Österreich hier über dem EU-Durchschnitt von 37,2 Jahren. Spitzenreiter sind die skandinavischen Länder, allen voran die Niederlande mit 43,8 Jahren, gefolgt von Schweden und Dänemark. Schlusslichter sind Kroatien, Italien und Rumänien. Zentrale Faktoren für die Lebensarbeitszeit ist die Erwerbstätigenquote, also wie viele Menschen am Arbeitsmarkt sind. Österreich schneidet hier dank Lehre bei den Jungen gut ab, bei den Älteren hingegen schlecht. Nur 58,8 Prozent der 55- bis 64-Jährigen sind hierzulande beschäftigt, im EU-Durchschnitt sind es 65,2 Prozent.
Spannend ist daher die Entwicklung der Lebensarbeitszeit. In Österreich hat sich diese seit 2014 nur um 2 Prozent erhöht, während sie im EU-Schnitt um 7 Prozent nach oben ging. Länder, die ihr Pensionssystem reformierten und etwa das gesetzliche Antrittsalter erhöhten, legten stärker zu. Doch es ist nicht nur das Antrittsalter, das zählt. Was kann sich Österreich von den nordischen Ländern abschauen?
Gesamtpaket statt Einzelmaßnahmen
Einzelmaßnahmen oder befristete Aktionen beim AMS seien zu wenig, es brauche ein Gesamtpaket und einen Mentalitätswandel, fasst Arbeitsmarktexperte Franz Eiffe zusammen. Eiffe leitet das Referat „Arbeitsleben“ bei Eurofound in Brüssel. Wichtig sei: Arbeitsmarkt, Arbeitsbedingungen und Pensionssystem müssten immer in ihrem Zusammenhang gedacht werden.
Als wichtige Ansätze aus anderen Ländern wertet er folgende Punkte:
Flexi-Pension: Die skandinavischen Länder setzen auf ein flexibles Rentenantrittsalter mit Zu- und Abschlägen – in Schweden gibt es einen Korridor zwischen 62 und 68 Jahren. In Estland, Malta, Spanien wird ein späteres Antrittsalter belohnt. In Deutschland wurden steuerliche Hürden zum Weiterarbeiten in der Pension beseitigt.
Keine Schlupflöcher: Um das Antrittsalter nach oben zu bringen, haben viele Länder Schlupflöcher zum frühen Ausstieg beseitigt. In Österreich sei mit der Anhebung der Altersgrenze für die Korridorpension von 62 auf 63 Jahre ein erster „signifikanter Schritt“ gesetzt worden.
Anti-Diskriminierung: Die Altersdiskriminierung bei Bewerbungen sei ein Faktum, das würden viele Studienergebnisse zeigen, so Eiffe. Dadurch steige die Alters- und Langzeitarbeitslosigkeit. „Es geht darum, Unternehmen mehr in die Pflicht zu nehmen.“ Beispiel Schweden: Hier müssen Betriebe nachweisen, dass sie Altersdiskriminierung aktiv vermeiden, indem sie alternsgerechte Arbeitsplätze anbieten, niemanden von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen ausschließen und präventive Maßnahmen wie Gesundheitsvorsorge unterstützen.
Bewusstsein: In den nordischen Ländern ist die Kultur des Arbeitens im Alter generell stark ausgeprägt. Das fehle in Österreich. Eiffe vermisst auch öffentliche Kampagnen in diese Richtung.
Eine Quotenregelung für Betriebe, wie zuletzt von Sozialministerin Korinna Schumann ins Spiel gebracht, hält der Experte für wenig zielführend. „Eine Quote ist immer mit einem Stigma behaftet. Ältere hätten dann das Gefühl, sie werden nur wegen der Quote beschäftigt.“ Es gebe auch kein EU-Land, das auf ein Bonus-Malus-System setze, also Betriebe bestraft, die wenig Ältere beschäftigen.
Kommentare