Anleihen: "lo spread" irritiert Italien

Spread: Kaum ein anderes Wort besitzt in Italien derzeit größere politische Sprengkraft. Vereinfacht gesagt beschreibt das englische Wort für Spanne oder Differenz die Unsicherheit bei einer Investition in italienische Staatsanleihen gegenüber deutschen Staatstiteln. Mit anderen Worten: Je höher der Spread, desto höher das Risiko für den Anleger. Denn die Kennzahl, die in Basispunkten angegeben wird, zeigt die Differenz zwischen den Risikoprämien für derzeit äußerst kritisch beäugte italienische Anleihen gegenüber den als sicher geltenden deutschen. Aktuell liegt der Spread zwischen richtungsweisenden zehnjährigen Italo- und Deutschland-Bonds bei rund 450 Basispunkten.
So vergeht in Italien praktisch keine Nachrichtensendung, in der nicht prominent über die Entwicklung von "lo spread" berichtet würde, beinahe an jedem Zeitungskiosk im Land springt einem der Begriff entgegen. Spread ist so etwas wie die Fieberkurve des tief in der Krise steckenden Landes geworden - und politischen Zündstoff bietet der Terminus allemal. Gerade vor dem Hintergrund der in Italien wachsenden Stimmung gegen den Euro und Deutschland.
Das musste Regierungschef Mario Monti jüngst erleben, als er dem Wall Street Journal sagte: "Wenn die vorherige Regierung noch im Amt wäre, wäre der "Spread" bei 1200 oder so." Der Seitenhieb auf seinen Vorgänger Silvio Berlusconi saß und löste im Lager des "Cavaliere" Empörung aus.
Enormer Einfluss
Der Protest gegen Montis Äußerungen schwoll dermaßen an, dass der Regierungschef zum Telefonhörer griff und seinem Vorgänger versicherte, er sei missverstanden worden und habe keinerlei politische Aussage damit treffen wollen.
Die Episode zeigt jedoch, wie groß der Einfluss des Spread mittlerweile auf öffentliche Debatten und auf die Stimmung der Menschen in dem Euro-Krisenland ist.
Zwar wird Monti nicht müde zu betonen, wie ungerecht es sei, dass sein Land sich nicht aus der Umklammerung der Anleihemärkte lösen könne. Doch gegen die "Diktatur des Spread" hat auch der Wirtschaftsprofessor bisher kein Rezept gefunden.
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