AKW Mochovce: ÖVP fordert Überprüfung durch IAEA

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Global 2000 berichtet von Sicherheitsmängeln. Kurz fordert von der SPÖ, auf die slowakische Regierung einzuwirken.

Wegen kolportierter Sicherheitsmängel am in Bau befindlichen AKW Mochovce 3 in der Slowakei fordern Umweltministerin Elisabeth Köstinger und Bundeskanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP) eine Überprüfung des umstrittenen Projekts durch internationale Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO bzw. IAEA). Das berichtete das ORF-Radio in der Nacht auf Sonntag sowie die "Kronen Zeitung".

Eine solche Überprüfung kann aber nur auf Einladung der Slowakei erfolgen und nicht auf Ansuchen Österreichs. Köstinger sagte daher: "Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um auf die slowakische Regierung einzuwirken." So wünsche Österreich auch Einsicht in die Sicherheitsüberprüfungen durch die slowakischen Behörden.

Bei einem Treffen mit Global-2000-Chefin Leonore Gewessler, Köstinger und einem "Krone"-Redakteur forderte Kurz einen "nationalen Schulterschluss über alle Parteigrenzen hinweg gegen die Atomgefahr an der Grenze", wie die Zeitung am Sonntag berichtete. Er "habe mit dem slowakischen Premierminister Pellegrini telefoniert, um ihn vom Ausbau des AKW abzubringen. Ich habe Österreichs Sicherheitsbedenken klar zum Ausdruck gebracht und auf größtmögliche Transparenz gedrängt", sagte Kurz demnach.

Kurz sah aber auch die SPÖ in der Pflicht. Sie müsste auf ihre Parteifreunde in der Slowakei einwirken. Immerhin sei es eine sozialdemokratische Regierung, die Mochovce in Betrieb nehmen wolle, argumentierte Kurz. Der slowakische Ministerpräsident Peter Pellegrini gehört der Partei Smer an. Sie ist Mitglied der Europäischen Sozialdemokraten (SPE).

SPÖ will gemeinsam vorgehen

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner ihrerseits erklärte, Mochovce sei keine Sache, die "parteipolitisch instrumentalisiert" werden sollte. Für einen nationalen Schulterschluss stehe sie freilich zur Verfügung, erklärte ihr Sprecher Mario Dujakovic gegenüber der APA. Er verwies auch auf den gemeinsamen Entschließungsantrag des Nationalrats gegen Mochovce von Ende April. Rendi-Wagner hatte Pellegrini ihrerseits am Freitag einen Brief geschickt, wo sie ihn bittet, "die alarmierenden Berichte" ernst zu nehmen und eine gründliche Sicherheitsüberprüfung der Reaktoren 3 und 4 zuzulassen.

Die neuen Reaktorblöcke 3 und 4 des rund 100 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernten AKW Mochovce sollen Anfang 2020 in Betrieb gehen. Mehrere ehemalige Arbeiter und Ingenieure hatten sich Anfang April an Global 2000 gewandt und vor gravierenden Mängeln am Bauprojekt gewarnt. Auch von chaotischen Arbeitsabläufen und Druck des "inkompetenten" italienischen Bauleitungsmanagements war die Rede.

Beschädigte Sicherheitshülle

Foto-Dokumente und Zeugenaussagen würden belegen, dass die Sicherheitshülle des Reaktors durch Bohrungen beschädigt wurde und im Falle eines Erdbebens oder von Explosionen im Zuge eines schweren Unfalls versagen könnte, hieß es seitens Global 2000. Der AKW-Betreiber, die Slowakischen Stromwerke (SE), bestritt Sicherheitsmängel und sprach von Panikmeldungen der Umweltschützer.

Global 2000 zeigte sich am Sonntag von der Initiative von Kurz und Köstinger erfreut. "Es ist ein großer Schritt gegen die problematische Inbetriebnahme, dass der österreichische Bundeskanzler Mochovce 3 zur Chefsache macht und sich selbst für eine Untersuchung unter Beteiligung von österreichischen ExpertInnen einsetzt", sagte Reinhard Uhrig, Atom-Sprecher der Organisation, in einer Aussendung.

Grüne fordern unabhängige Experten

Der Grüne Landesrat aus Oberösterreich, Rudolf Anschober, schloss sich der Forderung nach einer internationalen Überprüfung an. "Jetzt muss sichergestellt werden, dass es zu keiner Alibi-Überprüfung etwa alleine durch die IAEO kommt." Es brauche kritische, unabhängige Experten Österreichs als Teil dieser Kontrolle des AKW und eine Offenlegung der gesamten Projektdokumentation - etwa der Ankerbohrungen, forderte er eine "Untersuchung mit Biss". "Mochovce ist eine Sicherheitsbedrohung für ganz Europa."

Die slowakische Atomaufsichtsbehörde UJD hat bisher noch keine Erlaubnis zur Inbetriebnahme der beiden neuen Reaktoren erteilt, weil noch immer nicht alle Sicherheitsauflagen erfüllt seien. Die Fertigstellungskosten steigerten sich unterdessen in intransparenter Weise um ein "Vielfaches", wie die Nachrichtenagentur dpa meldete. Die Gesamtkosten des Projekts werden aktuell auf 5,7 Milliarden Euro geschätzt.

Die beiden in den 1990er Jahren fertiggestellten Reaktorblöcke 1 und 2 laufen seit über 20 Jahren.

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