AK-Muhm: Kritik an "Austro-Masochisten" Felderer

Heftige ins Feld gezogen ist heute der Präsident der Arbeiterkammer Wien (AK Wien),
Werner Muhm, gegen IHS-Chef Bernhard Felderer. Muhm bezeichnete Felderer, der auch Chef des Staatsschuldenausschusses ist, im Zusammenhang mit der Triple-A-Diskussion als "Austro-Masochisten". "Wir haben eine Kultur im Lande, die durch falsche Vergleiche und Angstpropaganda die Lage in Österreich weit unter ihrem Wert darstellt", kritisierte Muhm am Freitag im Klub der Wirtschaftspublizisten in Wien. Muhm warnte vor einer sich selbst erfüllenden Prophezeihung.
Felderer habe als Chef des Staatsschuldenausschusses Zugang zu den Regierungs- und Notenbankspitzen. Wenn er das Triple-A-Rating in Gefahr sehe, solle er dies zuerst mit den Entscheidungsträgern diskutieren, so Muhm. Auch unter den Streitereien zwischen den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP über den richtigen Weg zur Budgetkonsolidierung würde im Endergebnis der internationale Ruf Österreichs leiden.
Muhm lehnt auch die von Felderer favorisierte gesetzliche Schuldenbremse ab. "Wenn eine Regierung sparen will, dann soll sie sparen, das brauch' ich nicht in die Verfassung zu schreiben", sagte Muhm. In die Verfassung schreibe man keine "Betriebswirtschaft" hinein, das sei Aufgabe der Politik, "oder sollen die Verfassungsrichter darüber entscheiden?", so der AK Wien-Chef. Abgesehen davon gebe es im Haushaltsrecht bereits Ausgabenobergrenzen. Schwachpunkte seien die Gemeinden und Länder.
Österreich habe die realwirtschaftliche Krise besser gemeistert als viele andere Staaten und sei ganz gut auf dem Weg der Konsolidierung unterwegs. Probleme gebe es aber mit den Verschuldungen der Länder und Gemeinden, diese habe man "nicht im Griff". Sie müssten "glaubwürdig" ins Boot bekommen werden. Kontraproduktiv sind laut Muhm Empfehlungen wie in Oberösterreich, die Kommunen sollten alles auslagern.
Ein zentrales Problem für das Standing Österreichs sei das Ostengagement der österreichischen Banken. Auch eine Analyse der Citigroup habe festgestellt, dass Österreich zwar realwirtschaftlich auf Kurs sei, das größte Risiko aber vom Bankensystem ausgehe, wodurch ein weiteres staatliches Bankenpaket wahrscheinlich werde. Vor allem dieser Umstand würde das Triple-A Österreichs unterminieren.
"Riesenschaden"
Problematisch sieht Muhm in diesem Zusammenhang die jüngste Kehrtwendung von Erste Group-Chef Andreas Treichl mit der Veröffentlichung und Wertberichtigung der 5 Mrd. Euro außerbilanziell gehaltenen CDS. "Da ist ein Riesenschaden entstanden, wer glaubt den österreichischen Banken jetzt noch irgendetwas?", so Muhm.
Insgesamt glaubt Muhm, dass die Situation für
Österreich durchaus beherrschbar ist. Von der Regierung müssten aber strukturelle Maßnahmen stärker ins Auge gefasst werden, vor allem bei den Pensionen und hier besonders bei der deutlich ins Gewicht fallenden vorübergehenden Invaliditätspension. Hier müsste die gesundheitliche Rehabilitation Vorrang haben, damit daraus keine dauerhafte Pension entstehe. Auch an der Anhebung des Pensionsalters und der einheitlichen Spitalsfinanzierung führe kein Weg vorbei.
Größere Sparpotenziale sieht Muhm im Agrarsektor: "Hinter jeder Ecke schaut ein Privileg der Bauern hervor", so der AK Wien-Chef. So seien etwa Landwirte bis zu 114 Hektar und bis etwa 70.000 Euro Jahreseinkommen generell von der Einkommenssteuer befreit. Bei Familienleistungen zu sparen, wie von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) angekündigt, sei dagegen kontraproduktiv. Öffentliche Mittel - etwa für Kinderbetreuung oder Pflege - müssten so verteilt werden, dass sie Beschäftigung schaffen. "In den Griff" bekommen müsste man auch die steuerliche Begünstigung für 300 Millionen jährliche Überstunden - rein rechnerisch entspricht dies rund 170.000 zusätzlichen Vollzeitstellen.
Auf der Einnahmenseite spricht sich Muhm für eine vernünftige Lösung bei der Vermögensbesteuerung aus. Hier sollte es einfache Regeln geben, das Bankgeheimnis brauche deswegen nicht aufgehoben werden. Bei der Gruppenbesteuerung sollte es eine Begrenzung geben, ebenso bei der steuerlichen Absetzbarkeit von Manager-Boni ab 500.000 Euro. Erbschafts- und Schenkungssteuer müssten neu konzipiert werden. "Wir müssen steuerlich alles durchforsten und die Steuerlücken schließen", so Muhm. Ein zentrales Thema sollte dabei die Vollpauschalierung in der Landwirtschaft sein.
-
Hauptartikel
-
Hintergrund
-
Kommentar
-
Hintergrund
Kommentare