150 Jahre Martini: "Sind Marktführer am Spirituosenmarkt"

Bacardi Limited, das größte private Spirituosen-Unternehmen der Welt feierte vergangene Woche den 150. Geburtstag von Martini (Bacardi wurde schon im Vorjahr 150 Jahre alt) mit einem noblen Fest in der Villa Erba am Comosee. Das Unternehmen mit seiner bewegten Geschichte (siehe unten) wird von Facundo Bacardi gelenkt, ein direkter Nachkomme des kubanischen Firmengründers in fünfter Generation. Sein Europachef Stefan Bomhard erklärt das Europageschäft.
KURIER:
Österreich ist ein Wein- und Bierland – wie schwierig ist dieser Markt für Sie?
Stefan Bomhard: Wir sind Marktführer am
Spirituosenmarkt, schon ewig da, es macht Spaß in Österreich.
Ihre meistverkaufte Marke in
Österreich ist Eristoff Vodka, das ist nur in
Österreich so. Wie kommt das?
Bomhard: Wodka ist ein gutes Mixgetränk, die Österreicher lieben das. In Ihrem Land gibt es eine sehr gute Food-Tradition, man experimentiert und mischt gerne, etwa mit
Red Bull.
Wo liegen die Trends im Spirituosengeschäft?
Bomhard: Der Konsument mag es zunehmend leicht und spritzig. Es zeigt sich vermehrt ein bewusster Genuss, ein verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol.
Wie schwierig ist es für eine Traditionsmarke, sich ständig zu verändern?
Bomhard: Die Marken bleiben die selben, wir erfinden sie aber immer wieder neu. So bleiben wir relevant und der Konsument hat die Sicherheit seiner Marke.
Ihre wichtigste Zielgruppe?
Bomhard: Um die 35 ist die Konsumation unserer Produkte am verbreitetsten.
Martini ist aber breit aufgestellt.

Heimmarkt versus Gastromarkt – orten Sie Veränderungen?
Bomhard: Wir merken, dass der Heimmarkt wichtiger wird. Es scheint, als würde vermehrt zu Hause getrunken und erst dann in die Lokale gegangen werden.
Welches Land ist für Sie das umsatzerfreulichste?
Bomhard: Russland, das ist der größte Markt geworden.
Die haben doch eigenen Wodka.
Bomhard: Aber sie lieben Bacardi-Martini-Produkte. Weil sie das Westliche suchen, ein neues Lebensgefühl wollen. Von allen Alkoholmarken in Russland, abgesehen von Bier und Wein, sind wir die Nummer eins.
Wie entwickelt sich der Alkoholkonsum insgesamt?
Bomhard: Da sehe ich auch trotz Krise keine Veränderung. Alkoholgenuss ist Teil des sozialen Lebens, da gibt es keine dramatischen Trendänderungen. Wir sehen ein höheres Preisbewusstsein: Der Konsument hat in der Krise gerne Aktionen gekauft.
Orten Sie ähnliche Restriktionen am Alkoholsektor, wie es sie schon für
Zigaretten gibt?
Bomhard: Das sehe ich nicht kommen.
Stichwort Familienunternehmen: Sie hatten einige Stationen in großen Konzernen – was war anders als es jetzt bei Martini-Bacardi ist?
Bomhard: Mein Eigentümer sitzt nebenan, das ist emotional etwas ganz anderes. Diese Familie denkt langfristig, sie hat so viele Höhen und Tiefen erlebt, das macht sie sehr besonders.
Herr Bacardi, Sie haben eine bewegte Familiengeschichte. Ist das ein schwieriges Erbe?
Facundo Bacardi: Das ist überhaupt keine Last, es ist mein Antrieb. Wir haben diese reiche Geschichte, die will ich weiterentwickeln. Wir schauen uns an, was uns in der Vergangenheit alles zugestoßen ist. Enteignung in Kuba, Prohibition – wir haben mehrmals alles verloren. Jedes Mal kamen wir nach einer Tragödie stärker heraus als zuvor.
Die Wirtschaftskrise ist also keine große Sache für Sie.
Bacardi: Nein, gar nicht.
Haben Sie je daran gedacht, aus dem Familienbusiness auszubrechen?
Bacardi: Als ich jung war, habe ich meine eigenen Dinge gemacht und war gar nicht Teil der Company. Erst als mein Vater starb, ich war 24, er 47, wurde ich involviert.
Damals war für Sie klar: Jetzt bin ich dran?
Bacardi: Nein, gar nicht. Die Firma ist an mich herangetreten. Es dauerte ein paar Jahre, bis ich alles gelernt hatte und eingestiegen bin.
Waren Sie jemals in
Kuba?
Bacardi: Nie. Ich bin Amerikaner. Es ist, was es ist.
Würden Sie gerne hin?
Bacardi: Natürlich. Ich würde gerne sehen, wie es dort ist. Ich will aber nur hin, wenn sich eine demokratische Gesellschaft etabliert. Ich kann warten.
Wie wichtig ist Ihnen
Kuba?
Bacardi: Unglaublich wichtig. Meine Ahnen sind von dort, meine Geschichte ist von dort. Meine Familie erzählt viel über Kuba und ich wusste immer: Das ist unglaublich bedeutsam. Wir sitzen oft zusammen und reden. Am Tag, an dem sich Kuba öffnet, gehen wir hin, investieren und helfen, das Land und die Menschen wieder vorwärts zu bringen. Wir sind eine kubanische Familie, eine kubanische Firma im Exil.
Was haben Sie von Ihrem Vater gelernt?
Bacardi: Da waren mein Vater und mein Großvater. Mein Großvater hat sein gesamtes langes Leben in dieser Firma verbracht. Ich habe viel mehr von ihm gelernt als von meinem Vater, weil er auch viel älter wurde, er starb erst 1983 mit 88 Jahren. Er war einer der ältesten Menschen in der Firma, von ihm habe ich gelernt, was Bacardi war, als wir noch klein waren. Er hat mir beigebracht, Risiken zu kalkulieren und einzugehen. Jedes Familienmitglied, das im Management tätig war, war verheiratet mit der Firma. Das war ein Pakt, da war der Name an der Tür, man wollte mit Leidenschaft und Liebe erfolgreich sein. Motto: Wenn die Firma gewinnt, gewinnt die Familie. Da gab es immer dieses brennende Gefühl, alles tun zu müssen, was möglich ist. Das habe ich gelernt.
Was für ein Manager sind Sie?
Bacardi: Man kann kein guter Manager sein, ohne ein guter Zuhörer zu sein. Ich glaube, ich bin der beste Zuhörer. Ich kann auch Meinungen annehmen, die das komplette Gegenteil zu meinen sind. Es ist wichtig zu wissen, was andere denken, da gibt es Vorschläge, an die man selbst nie denken würde und viele gute Ideen.
Was ist momentan Ihre größte Herausforderung?
Bacardi: Wir haben diese unglaubliche Marke, 150 Jahre alt, rund um die Welt lieben die Menschen Bacardi und Martini, nur in den USA ist das nicht ausgeprägt. Wir müssen die USA zu einem Wermut-Markt machen.
Ihre Vision?
Bacardi: Als Familienunternehmen treffen wir Entscheidungen, die uns nicht ein paar Jahre, sondern über zehn, zwanzig Jahre beeinflussen werden. Wir werden die Firma nicht nach zwei, drei Jahren wieder verlassen, wir wollen den 300. Geburtstag feiern. Unsere Vision ist, die Marke in den verschiedenen Segmenten zu stärken. Wir wollen die coolste, fröhlichste Marke der Welt sein.
Ihr liebster Drink?
Bacardi: Martini Royale.
Die Rum-Dynastie Bacardi hatte Fidel Castro im Kampf gegen Diktator Fulgencio Batista 1959 unterstützt. Castro, so die Abmachung, würde sich nach der Revolution zurückziehen. Es kam anders: Castro übernahm Kuba und enteignete die Bacardis. Sie flüchteten Ende 1959 aus Kuba, zuerst auf die Bahamas, dann auf die Bermudas, wo das neues Headquarter entstand. Knapp hundert Jahre, nachdem Facundo Bacardi, einst armer spanischer Einwanderer, 1862 in Kuba damit begann, aus dem Betäubungsmittel Rum ein Genussmittel herzustellen, war wieder alles verloren. Zuvor schon hatte die Familie harte Schicksalsschläge erlitten: Prohibition, Strafzölle, ein Brand – "aber immer ging meine Familie stärker aus einer Krise hervor", sagt Ururenkel Facundo Bacardi heute. Er warte nur darauf, nach Kuba zurückkehren zu können. Dazu müsse das Land aber frei sein.
Bacardi Limited ist heute der größte private Spirituosenerzeuger der Welt. 1993 kaufte Bacardi die italienische Firma Martini. Rund 200 Marken werden im Konzern derzeit erzeugt oder vertrieben, in Österreich sind das neben Klassikern wie Bacardi Rum oder Martini vor allem Eristoff Vodka und Bombay-Sapphire Gin.
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