Was sofort auffällt: Viel Handarbeit und Fließbandarbeit, wie es sie schon in den 1970-er Jahren gab. Maschinen unterstützen noch die Menschen, nicht umgekehrt. Die cremig-schaumige Masse wird von Konditoren nach der streng geheimen und seit 1926 unveränderten Rezeptur in der Küche täglich frisch zubereitet und in große Bottiche gefüllt. Mitarbeiterinnen befördern den Inhalt in automatische Spritz-Maschinen, die den ausgestanzten Waffeln den "Gupf" aufsetzen.
Die nackten Bomben laufen auf dem Fließband durch die Kühlung, werden in Schokoladeglasur getunkt und dann in "Glatzerte" und "G’streuselte" getrennt. Letztere erhalten in einem vollautomatischen "Wirbelsturm" aus Kokosflocken ihr unverwechselbares Kleid. "Keine ist wie die andere", schwärmt Niemetz-Geschäftsführer Gerhard Schaller. Den Eindruck, dass die Bomben kleiner geworden sind, weist er entschieden zurück. Früher, als wir Kinder waren, seien sie uns nur größer vorgekommen. Auch das Gewicht ist genormt.
Die fertigen Bomben werden wieder händisch vom Band genommen und in die Kartons oder 6-er-Klarsicht-Plastik-Verpackung geschlichtet. Eine Maschine könnte das nicht so vorsichtig, es würde mehr Ware beschädigt, so Schaller. Einen Stock höher fertigt Niemetz die Schokoriegel "Manja" und "Swedy". Auch hier gibt es viel Handarbeit.
Die Maschinen stammen aus den 1970-er Jahren und dürfen nicht ausfallen. "Sonst wären wir aufgeschmissen", gibt der Firmenchef offen zu und erzählt, wie penibel die Maschinen Stück für Stück zuerst ab- und dann wieder aufgebaut wurden. Altes weiter zu verwenden und zu renovieren sei letztlich billiger gekommen als alles neu anzuschaffen.
400.000 bis 500.000 Stück Schwedenbomben und 70.000 Schokoriegel verlassen täglich die Fabrik. Eine lange Lagerung ist nicht möglich, die frisch zubereiteten Süßwaren haben ein Ablaufdatum von nur drei Wochen.
Nach der Übernahme der insolventen Niemetz investierte die Schweizer Eigentümerin, die Meinl-Tochter Heidi Chocolat AG, einen zweistelligen Millionenbetrag vor allem in Marketing und Vertrieb, um den Verkauf wieder anzukurbeln.
Heute versucht Schaller, nach der Devise "das Alte unverändert lassen und Neues dazunehmen", der Traditionsmarke neuen Schwung zu verleihen. Seit dem Vorjahr gibt es ein eigenes Schwedenbomben-Eis, das heuer mit weiteren Sorten ergänzt wird. Noch getüftelt wird an fruchtigen Kreationen mit Banane oder Erdbeere sowie an der weißen Schwedenbombe. Im hauseigenen Workshop, den es seit 2016 gibt, können Besucher ihrer Kreativität freien Lauf lassen.
Der Niemetz-Umsatz hat sich seit der Insolvenz auf rund 18 Millionen Euro (2018) vervierfacht, teilte der neue Eigentümer im Vorjahr mit. Die Zahl der Mitarbeiter wurde schrittweise auf nunmehr 180 aufgestockt, eine zweite Fertigungslinie gestartet. Den ursprünglich geplanten Verkauf in die Nachbarländer blies Schaller aus Kostengründen wieder ab.
Bleibt die Frage, was ist eigentlich drin in der Bombe? Ganz viel Wiener Zucker, Fairtrade-Kakao, etwas Hühnereiweiß in Pulverform, pflanzliche Gelatine sowie Palmöl. Eine zuckerreduzierte oder vegane Bombe ist kein Thema.
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