Ein Kakadu im Takt der Musik

Sportwissenschafterin, Moderatorin und Tänzerin Conny Kreuter, Kognitionsbiologin Alice Auersperg und Moderator Markus Hengstschläger.
„Spontan gefragt“. Eine Kognitionsbiologin, eine Profitänzerin und Markus Hengstschläger diskutieren über Choreografien, Motivation und die Fähigkeit, Dinge zu imitieren, und finden eine Schnittstelle zwischen Forschung und unserem alltäglichen Leben.

Im Takt mit dem Fuß wippen, mit dem Kopf im Rhythmus nicken oder gar einen flotten Samba aufs Parkett legen: Das Sich-nach-Musik-Bewegen ist dem Menschen in die Wiege gelegt. Doch es gibt auch Tiere, die tanzen – und damit Verhaltensforscher*innen noch vor Rätsel stellen. Ob sie es tun, weil es ihnen ein gutes Gefühl gibt oder weil sie jemanden imitieren, war Thema des Wissenschaftstalks „Spontan gefragt“.

Dancing Star der Vögel

Moderator Markus Hengstschläger begrüßt die Kognitionsbiologin Alice Auersperg und die Sportwissenschafterin, Moderatorin und Tänzerin Conny Kreuter im Studio. „Es gibt einen Dancing Star unter den Papageien“, leitet er zum Thema über. „Was genau macht er?“ Alice Auersperg erzählt von Snowball, einem Kakadu, der die Forscher*innen der Tufts University in Boston (USA) verblüffte. „Er liebt ein Lied von den Backstreet Boys und beginnt, mit dem Kopf zu nicken und die Füße abwechselnd hochzuheben, wenn er es hört“, erklärt sie. „Dann haben die Forscher*innen die Geschwindigkeit des Songs verändert, um zu sehen, ob er sich dem Beat anpassen kann. Und das war der Fall.“

Bis zu diesem Zeitpunkt waren Wissenschafter:innen davon überzeugt, dass nur Menschen dazu in der Lage seien, so die Kognitionsbiologin weiter, das Spannende an der Sache aber sei, dass Snowball im Laufe der Zeit seine Bewegungen verändert habe. „Können das nur Kakadus oder auch Tauben?“, will Conny Kreuter wissen. „Papageien können ihre motorischen Handlungen bewusst kontrollieren“, antwortet Alice Auersperg. „Ob man das Kreativität nennen kann, sei dahingestellt, aber es ist ein erfundenes Verhalten.“

Markus Hengstschläger will von Conny Kreuter wissen, wie sie denn bei „Dancing Stars“ ihre Choreografien entwickelt. „Ich lasse mich immer auf die Musik ein und gebe dem Gefühl, das sie mir vermittelt, dann Strukturen“, so Kreuter. „Diese Verbindung von beidem ist es, was mich auszeichnet.“ Das Vermitteln der Choreografien hänge vom Lerntypus ab, so die Profitänzerin weiter: „Manchen hilft es auch, wenn ich ihnen ihren Part vortanze.“ Das bringt Alice Auersperg zu einem wichtigen Punkt. „Wenn Papageien versuchen, die Bewegungen ihrer Besitzer*innen zu imitieren, stehen sie vor einem Korrespondenzproblem, weil sie einen anderen Körperbau haben“, erklärt die Wissenschafterin.

„Genaue Bewegungen zu imitieren, ist etwas Menschliches, das haben wir bei einem Forschungsprojekt beobachten können.“ Bei diesem ging es darum, ob Papageien den Umgang mit Werkzeug voneinander lernen können. Ein Tier war nämlich in der Lage, eine Nuss mithilfe eines Stöckchens aus einer Box herauszuholen. „Wir haben andere Papageien einzeln zuschauen lassen, um zu erfahren, ob sie sein Verhalten nachahmen“, so Auersperg. „Interessant war, dass diese Tiere alle in der Lage waren, die Nuss aus der Box zu holen, aber sie haben dabei unterschiedliche Techniken angewandt.“

Ein Kakadu im Takt der Musik

Markus Hengstschläger 

Univ. Prof. Dr. Markus Hengstschläger studierte Genetik, forschte auch an der Yale University in den USA und ist heute Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik an der Medizinischen Universität Wien. Der vielfach ausgezeichnete Wissenschaftler unterrichtet Studierende, betreibt genetische Diagnostik, ist Berater und Bestsellerautor. Er leitet den Think Tank Academia Superior, ist stellvertretender Vorsitzender der österreichischen Bioethikkommission, ist Kuratoriumsmitglied des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds, und war zehn Jahre lang Mitglied des Rats für Forschung und Technologieentwicklung und Universitätsrat der Linzer Johannes Kepler Universität. Hengstschläger ist außerdem Wissenschaftsmoderator auf ORF Radio Ö1 und Autor von vier Platz-1-Bestsellern.

Ein Kakadu im Takt der Musik

Conny Kreuter

Conny Kreuter ist sowohl auf dem Tanzparkett als auch in der Medienszene ein Vollprofi. Die studierte Sportwissenschafterin hat bei unterschiedlichen Medienformaten vor und hinter der Kamera gearbeitet. Bei der TV-Show „Dancing Stars“ kann sie ihre Leidenschaft für das Tanzen mit ihrer Erfahrung als Moderatorin ideal verbinden. Conny Kreuter absolvierte auch Schauspiel und Gesangsunterricht sowie eine Ausbildung zur Werbesprecherin und ist als Sprechtrainerin und Moderations- und Mediencoach tätig. Neben ihrer Medienkarriere war Conny Kreuter mit ihrem Tanzpartner Stefan Herzog weltweit als Profitänzerin unterwegs. Kreuter ist mehrfache österreichische Meisterin in den Lateintänzen Einzeltanz, mehrfache Staatsmeisterin in der Lateinformation und mehrfache WM- und EM-Finalistin.

Ein Kakadu im Takt der Musik

Alice Auersperg

Die gebürtige Bayerin ist Kognitionsbiologin und erforscht an der Veterinärmedizinischen Universität Wien die kognitiven Fähigkeiten verschiedener Tierarten. Vor zehn Jahren gründete die studierte Zoologin das Goffin Lab am Messerli Forschungsinstitut für Vergleichende Kognitionsforschung in Goldegg in Niederösterreich, dem Auersperg seit 2016 auch als Leiterin vorsteht. Auerspergs Hauptforschungsinteressen gelten der technischen Kognition, wobei Innovationsfähigkeit und Werkzeuggebrauch im Vordergrund stehen. Alice Auersperg ist u. a. Mitglied der jungen Akademie der ÖAW, der Association for the Study of Animal Behaviour, der Ethologischen Gesellschaft e.V. sowie der Comparative Cognition Society. Alice Auersperg wurde für ihre Arbeit mit zahlreichen Preisen geehrt.

Sache der Motivation

Moderator Markus Hengstschläger will wissen, ob die Vögel das Verhalten auch an den Tag legen, wenn keine Belohnung winkt. Alice Auersperg verneint: „Wenn keine Nuss in der Box ist, stecken die Papageien auch kein Stöckchen hinein.“ Die Motivation dafür sei der Leckerbissen. Conny Kreuter kennt das nur zu gut. Auch bei „Dancing Stars“ sei die Motivation der wichtigste Schlüssel, erklärt sie: „Am Ende ist es die mentale Einstellung, die über Sieg oder Niederlage entscheidet.“

Wobei auch die kognitiven Fähigkeiten eine Rolle spielen, erwidert Alice Auersperg und erzählt von einem anderen Forschungsprojekt, das sie geleitet hat. Dabei wurden Kinder und Kakadus vor dieselbe Aufgabe gestellt: Sie bekamen einen Pfeifenputzer und ein Stück Schnur als Werkzeuge zur Verfügung gestellt. Die Aufgabe war, ein Körbchen aus einem Rohr zu holen, um die darin versteckte Belohnung zu kassieren. „Überraschend war, dass einige Tiere diese Erfindungsaufgabe lösen können, wobei die Mehrheit der Kinder dies erst mit etwa acht Jahren kann“, fasst sie zusammen. „In der Zeit, wo Kinder viel imitieren, scheint es für sie schwierig, sich auf Aufgaben zu fokussieren, wo man sich geistig von dem entfernen muss, was man am Ende eigentlich erreichen will.“ Welche Parallelität Conny Kreuter zum Tanzen findet, sehen Sie in der Sendung.

Hier geht es zur Sendung „Spontan gefragt“: