Elizaveta Fateeva: "Ich träumte von einem flachen Schnürschuh"
Eigentlich hat sie die Modewelt immer für ein bisschen oberflächlich gehalten und auch ihr Vater hätte sie lieber als Malerin gesehen. Aber Elizaveta Fateeva ging ihrer Leidenschaft nach. Sie absolvierte die Angewandte, entwarf für Raf Simons und Jil Sander Accessoires, gewann den ersten "EVOQUE NextGen Award" und mischt seit einem Jahr die Männerschuhabteilung des französischen Modehauses Lanvin auf. Heute pendelt die gebürtige Russin zwischen Paris und Wien und designt vier Kollektionen pro Jahr, zwei für die Shows und zwei für den Verkauf. Eine Arbeit, an die sie ursprünglich nie gedacht hätte:
KURIER: Wie sind Sie dazugekommen, Männerschuhe zu designen?
Elizaveta Fateeva: Ich trage keine Absätze. Mit 15, als andere Mädchen ihre ersten Stöckelschuhe getragen haben, habe ich von einem schönen flachen Schnürschuh geträumt. Damals hat Jil Sander angefangen, solche zu machen. Aber im Endeffekt war alles Zufall und Glück.
Während meines Studiums an der Angewandten habe ich ein Praktikum bei Raf Simons in Antwerpen gemacht. Er war zuvor zwei Jahre mein Professor. Nachdem ich ihn vier Monate per Telefon terrorisiert hatte, wollten sie mich schließlich als Assistentin für die Accessoires haben. Ich war eigentlich total unzufrieden. Ich wollte doch keine Schuhe und Taschen machen, sondern Kleidung. Aber einen Job in der Modebranche zu bekommen, ist fast unmöglich und ich durfte sehr viele Sachen alleine designen. Später habe ich mein Diplom in Wien gemacht und dann musste der nächste Abschnitt her. Es folgte der Evogue-Award und zwei Tage später rief mich Raf Simons wieder an und fragte, ob ich zu Jil Sander kommen kann. Kurz darauf wurde ich von Lanvin abgeworben.
Ist es in einer Abteilung für Männermode anders, als in einer für Frauenaccessoires?
Ja, das Team ist sehr ruhig und down to earth. Typisch für die Fashionwelt wäre eigentlich „Oh my god, let’s go for a coffee.“. Hier braucht es eine gewisse Zeit, bis man dazugehört.
Haben Sie vor, irgendwann wieder Kleider zu entwerfen?
Ich vermisse es sehr. Aber ich weiß nicht, wie realistisch das wäre. Wenn man in irgendetwas gut wird, dann will man das auch behalten. (lacht)
Es gibt diese Fashionmodelle, von denen jede Saison neue kommen, und es gibt natürlich den klassischen schwarzen Schnürschuh. Ich weiß, er sieht manchmal wirklich sehr fad aus. Aber eben deshalb braucht er diesen modischen Touch, der ihn besonders macht. Für mich ist das immer eine tolle Herausforderung.
Was ist das Besondere am Lanvin-Schuh?
Viele Merkmale werden mit der Ready-to-wear-Abteilung abgesprochen. Kombinationen mit Materialien, aber auch dieses „rough edge“, die fehlende Verarbeitung, wo man die Abnäher ein wenig versetzt, spielen eine große Rolle.
Wovon lassen Sie sich inspirieren?
Meistens komme ich für etwa drei Tage in die Bibliothek der Angewandten. Hier gibt es sehr gute Archive für Mode. Natürlich aber auch von der Kunst und der Architektur.
Müssen Sie sich nicht an der Ready-to-wear-Kollektion orientieren?
Wir müssen uns zwar abstimmen, aber meistens arbeiten wir sehr autonom. Wir wissen bis zur Show gar nicht, wie die Kollektion aussehen wird.
Worauf muss man beim Männerschuh achten?
Auf Qualität und Komfort. Jeder Schuh wird von Models und von mir ausprobiert. Im Moment wird sehr viel mit diesen heftigen Sohlen gearbeitet, da muss man aufpassen, wie schwer die Modelle sind. Männer haben ein ganz anderes Gefühl. Das, was für uns total unbequem ist, ist für sie ganz normal. Männerschuhe sind zum Beispiel sehr steif. Man muss sie einfach austragen, bis sie sich an den Fuß angepasst haben.
Ist das Vorurteil, dass nur Frauen viele Schuhe haben, inzwischen überholt?
Ich weiß nicht genau, aber ich glaube schon. Es gibt inzwischen viele Männer, die auf sich schauen und sich für Mode interessieren, das finde ich sehr schön.
Ein Festival für die Mode
Kommentare