Woody Allen über Straftäter Epstein: "Hätte nicht netter sein können"

Regisseur Woody Allen empfindet keine Reue für die wiederholten Abendessen im Hause des Sexualstraftäters Jeffrey Epstein. In einem Interview mit der britischen Zeitung The Sunday Times erzählt der New Yorker, er und seine Ehefrau Soon-Yi Previn seien im Dezember 2010 erstmals über einen Publizisten zu einem solchen Abendessen mit mehreren prominenten Gästen eingeladen worden.
Wäre er mit dem heutigen Wissen über Jeffrey Epstein den Abendessen lieber ferngeblieben? "Naja, ich bin Schriftsteller, ich lasse mich nicht so leicht abschrecken", sagt der 89-Jährige in dem Interview weiter. "Diese Abendessen waren faszinierend, und als später alles herauskam, wurde es für mich als Autor erst richtig interessant – schließlich hatte man es mit einer ruchlosen Figur direkt vor der eigenen Haustür zu tun."
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Viele Gäste aus dem Showbusiness: "Ich will nicht sagen, wer"
"Wir kannten Jeffrey damals überhaupt nicht", berichtet Allen vom ersten Abendessen. "Aber wir sahen all die Leute dort, und sie begegneten ihm herzlich – also dachten wir: "Okay, er ist wohl eine wichtige Persönlichkeit."" Unter den Gästen sei auch ein britischer Royal gewesen, Prinz Andrew, bejahte Allen auf Nachfrage. Viel mehr verriet er nicht. "Es waren etwa zwanzig Leute dort, und viele kannten wir aus dem Showbusiness. Ich will nicht sagen, wer."
In den folgenden Jahren seien er und seine Frau häufig Gäste bei Abendessen im Hause Epstein gewesen – gemeinsam mit angesehenen Persönlichkeiten, darunter Professoren, Komiker und Nobelpreisträger. "Wir haben Jeffrey nie, wirklich nie, mit minderjährigen Mädchen gesehen. Er hatte immer eine Freundin, aber nie eine minderjährige." Auf Nachfrage, ob es Ghislaine Maxwell gewesen sei, verneinte Allen: "Nein, sie nicht."
"Er hätte nicht netter sein können"
Als das Abendessen im Dezember 2010 stattfand, hatte Epstein bereits eine mehrmonatige Gefängnisstrafe abgesessen, war aber wieder auf freiem Fuß. Epstein habe berichtet, dass er im Gefängnis gewesen sei, erzählt Allen in dem Interview weiter. Er habe aber auch zu verstehen gegeben, dass er zu Unrecht dort gelandet sei und sich nun sozial engagiere und wohltätige Spenden mache. "Er hätte nicht netter sein können." Epstein, der über viele Jahre systematisch Minderjährige missbraucht hatte, beging 2019 mit 66 Jahren in seiner Gefängniszelle nach offiziellen Angaben Suizid.
Der mehrfache Oscarpreisträger hat Dutzende Filme gedreht ("Der Stadtneurotiker", "Hannah und ihre Schwestern", "Midnight in Paris"), stand vor und hinter der Kamera. Nun veröffentlicht er laut The Sunday Times seinen ersten Roman. "What's with Baum?" erzähle die Geschichte von Asher Baum, einem jüdischen Mann mittleren Alters, dessen Karriere als Romanautor ebenso schnell zerfalle wie die Beziehung zu seiner Frau.
Woody Allen feiert Ende November seinen 90. Geburtstag. Auch er war in der Vergangenheit mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert. Seine Ehefrau Soon-Yi Previn ist die Adoptivtochter seiner früheren Partnerin Mia Farrow. Diese erfuhr von der Beziehung durch Nacktfotos ihrer Tochter, die sie auf Allens Kaminsims entdeckte. Farrow und die gemeinsame Adoptivtochter Dylan warfen Allen sexuellen Missbrauch des Kindes vor. Der Regisseur hat die Missbrauchsvorwürfe immer bestritten, ein Gericht gab ihm schon vor Jahrzehnten weitgehend recht.
Allen habe sie als Siebenjährige im Elternhaus an ihren Geschlechtsteilen angefasst, sagte Dylan Farrow 2018 erstmals in einem Fernseh-Interview, beim Sender CBS. Die Vorwürfe waren damals schon lange bekannt. Dylan hatte den angeblichen Missbrauch bereits 2014 in einem New York Times-Beitrag geschildert. Mia Farrow trug die Vorwürfe schon 1992 nach der Trennung von Allen in einem Sorgerechtsprozess vor. Die Polizei ermittelte damals, es kam aber nicht zu einer Anklage. Allen verlor allerdings das Sorgerecht für die drei gemeinsamen Kinder Dylan, Moses und Ronan.
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