Raimondi: "Armut prägte mein Kindheit"

Für ihre Söhne Luciano (28) und Julius (17) hat sie am Muttertag (10.5.) keine Zeit. "Aber die Zwei verkraften das", lacht Ildikó Raimondi (52). "Sie finden es toll, dass ich lieber für die gute Sache auftrete, als mich verwöhnen zu lassen." Die gute Sache, von der die Sopranistin, die in einem ungarischen Dorf hinter der rumänischen Grenze aufwuchs, spricht, ist die Benefizmatinee zugunsten des von Prof. Siegfried Meryn gegründeten Vereins "Nein zu Arm und Krank" in der Wiener Volksoper. Im Interview erklärt die Kammersängerin, wieso sie sich mit Kurt Rydl, Neil Shicoff und Direktor Robert Meyer für Bedürftige einsetzt.
KURIER: Warum ist Ihnen diese Matinee ein großes Anliegen?
Ildikó Raimondi: Wir wollen helfen, vor allem aber Bedürftige erreichen. Das Problem ist, dass viele gar nicht wissen, dass sie die Möglichkeit haben, sich Hilfe zu holen.
Waren Sie in Ihrer Kindheit mit großer Not konfrontiert?
Die Bewohner meines Heimatdorfs waren wirklich sehr arm. Aber der Zusammenhalt machte alles erträglicher. Teilen war eine Selbstverständlichkeit für jeden, weil ja alle arm waren. Die Schere zwischen Arm und Reich lernte ich erst kennen, als ich 1986 in den Westen kam – nachdem ich meinen ersten Mann, einen Italiener, geheiratet hatte. Da wurde mir bewusst, dass ich auch unter seelischer Armut gelitten hatten.
Inwiefern "seelische Armut"?

Besuchen Sie Ihre Heimat oft?
Ja, meine Eltern leben noch dort. Heute geht es zum Glück allen viel besser, aber es gibt noch immer viel zu tun. Ich unterstütze auch ein Kinderheim in diesem Dorf.
Schreiben Sie Ihre Karriere dem Schicksal oder der Disziplin zu?
Für die Gabe, die mir in die Wiege gelegt wurde, bin ich dem lieben Gott sehr dankbar. Die Liebe zur Musik gab mir die Kraft, auch schwere, einsame Zeiten als junge Künstlerin alleine in einem fremden Land zu überstehen. Ich habe oft geweint – und trotzdem weitergekämpft.

Ich wurde in Österreich wirklich mit offenen Armen empfangen. Und meine Söhne sind mein ganzer Stolz: Julius studiert Orgel am Mozarteum – und Luciano hat gerade einen Eissalon auf der Lerchenfelder Straße eröffnet. Ich hoffe, ich schaffe es, ihn trotz der vielen Auftritte oft zu besuchen. (lacht)
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