KURIER: Sie sprachen oft über Ihren schweren Start im Leben, den sexuellen Missbrauch in Ihrer Kindheit, einer Totgeburt mit 14, einer Mutter, die selbst ein Teenager war, als Sie geboren wurden. Woher kommt Ihre Stärke?
Oprah Winfrey: Die habe ich meiner Großmutter zu verdanken. Es heißt, dass die Persönlichkeit eines Menschen in den ersten sechs Jahren geprägt wird. Die habe ich bei meiner Großmutter verbracht. Sie ist der Grund, dass ich selbstbewusst bin, dass ich viel lese, und dass ich keine Angst habe vor Leuten zu stehen. Sie war keine gebildete Frau, sie war praktisch Analphabetin, hat kaum die Volkschule beendet. Aber sie hat mir Werte vermittelt und das Bewusstsein, dass ich ganz gleich, was ich tue, mein Bestes geben muss, auch wenn mein Job Putzfrau ist.
Ist das der Grund, dass Sie sich immer so sehr zu Alice Walkers Roman "Die Farbe Lila" hingezogen fühlten?
Die ersten paar Sätze in diesem Buch haben mich gefesselt, ich fühlte mich verstanden. Man kann sagen, dass dieses Werk mich geprägt hat.
Sie bekamen die Rolle der Sofia im Originalfilm gegen den Widerstand des Besetzungsregisseurs, richtig?
Ja, ich war ja damals keine Schauspielerin. Quincy Jones sah mich als TV-Moderatorin und lud mich zum Vorsprechen ein. Der Besetzungsregisseur meinte, dass ich gegen „richtige“ Schauspielerinnen antreten müsste. Ich checkte in eine Klinik ein, die man damals "Fettfarm" nannte, um abzunehmen. Dann bekam ich einen Anruf, dass Steven Spielberg, der Regisseur mich sehen wollte. Und mir ausrichten ließ, wenn ich auch nur ein Pfund abnehme, kann ich mir die Rolle abschminken.
Sie hatten 25 Jahre lang die erfolgreichste Talkshow der Welt, werden von allen verehrt und bewundert. Wie steht es mit der Selbstliebe?
Eine großartige Frage. Die Sache mit der Selbstliebe ist ein ununterbrochener Prozess, eine ewige Arbeit an sich selbst. Dazu gehört, dass man gut zu sich ist, gesund lebt, geistig, körperlich und emotional. Whitney Houston hat es richtig gesungen: es geht nur um "The Greatest Love of All."
Würden Sie sich der Wahl zur US-Präsidentin stellen? Es gibt ja immer wieder Umfragen, wo Sie gut abschneiden.
Ich halte mich nicht für qualifiziert die Verantwortung für ein ganzes Land - und in gewissem Sinne die ganze Welt – zu übernehmen. Ich habe weder die Energie dafür noch sehe ich es als meine Berufung.
Ist es Ihnen wichtig, berühmt zu sein, oder ist das nur ein Werkzeug, um all das umzusetzen, dass sie machen wollen?
Das ist eine sehr interessante Sache, denn Berühmtheit passiert dir von außen. Du bist nur berühmt, weil andere Leute dich so sehen. Natürlich ist mir klar, dass mich alle Leute kennen, wenn ich einen Raum betrete. Aber innerlich bin ich dieselbe Person wie die Volkschullehrerin, die ich geworden wäre, so wie es der Plan war. Ruhm ist die Idee, die jemand anderer von dir hat, nicht, wer du in Wirklichkeit bist.
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