Juan Carlos: Tiefer Fall eines Königs

Fast vier Jahrzehnte zählte König Juan Carlos von Spanien zu den angesehensten Monarchen der Welt. Kein Wunder, hatte er es doch geschafft eine blutige Diktatur in ein demokratisches Vorzeigeland umzuwandeln. Er war es, der einen Putschversuch bravourös beendete, und schließlich galt er als geschätzter und würdevoller Repräsentant seines Landes. Doch plötzlich drehte sich der Spieß dermaßen um, dass der König heute unten durch ist: In den vergangenen zwei Jahren ist zu viel passiert, um seine einstigen Beliebtheitswerte auch nur annähernd halten zu können.
Habsburger-Nachfolge
Sein Start hätte fulminanter nicht sein können. Als General Franco, der Spanien fast 40 Jahre mit eiserner Faust regiert hatte, 1975 starb, nahm Juan Carlos auf dem Thron Platz, auf dem seine Ahnen, die Bourbonen, seit Beginn des 18. Jahrhunderts als Nachfolger der Habsburger gesessen waren – bis sein Großvater, König Alfons XIII., 1931 nach Ausrufung der Republik gestürzt wurde. Von da an lebte die Familie im Exil in Rom, wo Juan Carlos 1938 zur Welt kam.
Franco selbst war es, der den Prinzen zu seinem Nachfolger als Staatsoberhaupt bestimmte, doch der "Führer von Gottes Gnaden" hat sich die Verwaltung seines Erbes wohl anders vorgestellt. Juan Carlos hatte sich in jungen Jahren vorsichtig gegeben, um seine Zukunft als König nicht zu gefährden. Und er ging dabei so weit, Franco als sein "Vorbild" zu bezeichnen. Doch kaum war der faschistische General tot, schuf der König ein neues, demokratisches Spanien. Er habe "20 Jahre den Dummen gespielt", sagte er, und viele hätten ihn für dumm gehalten.
Sein Werdegang & seine Skandale
Respekt aus aller Welt
Nein, dumm ist dieser Mann sicher nicht. Lange zollte ihm die freie Welt Respekt für alles, das er anpackte. Das begann mit dem Verzicht auf die ihm von Franco hinterlassene absolute Macht, ging über die Schaffung einer demokratischen Verfassung bis zur Zulassung freier Wahlen. Sein Husarenstück und die größte politische Leistung seiner Regentschaft war aber die friedliche Niederschlagung des Putschversuchs Franco-treuer Militärs, die im Februar 1981 mit einem bewaffneten Angriff auf das Parlament in Madrid die Macht übernehmen wollten. Mit einer eindrucksvollen Fernsehansprache stoppte der König den Aufstand und schickte als Oberbefehlshaber das Heer zurück in die Kasernen.
Juan Carlos ließ sich auch nicht klein kriegen, als 1995 ein Attentatsplan der baskischen Separatistenorganisation ETA auf ihn aufgedeckt wurde. Als Freund direkter Worte gilt er spätestens seit Venezuelas Präsident Hugo Chavez bei einer Konferenz in Santiago de Chile 2007 ständig den spanischen Premier Zapatero unterbrach. Juan Carlos rief Chavez "Warum hältst du nicht die Klappe?" zu und erlangte mit dem Ausspruch Kultstatus.
Wiener Opernball
Auch auf dem Society-Parkett erfreute sich der König – an der Seite seiner populären Gattin Sofia – großer Beliebtheit: Ob er beim Skifahren fotografiert wurde oder im flotten Cabrio, in der Badehose beim Segeln vor Mallorca oder 1978 am Wiener Opernball – er machte stets gute Figur, gab sich volksnah und eroberte die Herzen der Menschen. Noch 2008 erklärten fast 70 Prozent der Spanier, ihren König zu lieben.
Doch dann kam der tiefe Fall. 2012 wurde Juan Carlos drei Mal an der Hüfte operiert. Wie sich herausstellte, war er bei einer sündteuren Elefantenjagd, wie sie von Tierschützern strikt abgelehnt wird, gestürzt. Der König war nach Botswana geflogen statt sich um Spaniens Wirtschaftskrise zu kümmern, die sein Land an den Rand des Ruins führte. Nach Auffliegen des Jagdabenteuers wurde er als Präsident der Tierschutzorganisation WWF abberufen.
Mit Prinzessin auf Safari
Nicht genug damit, wurde nun bekannt, dass Juan Carlos zu der Safari von der deutschen Prinzessin Corinna zu Sayn-Wittgenstein (49) begleitet wurde, mit der ihm eine Affäre nachgesagt wird. Gemahlin Sofia weigerte sich, als sie von der Reisebegleitung erfuhr, mit Juan Carlos ihren 50. Hochzeitstag zu feiern.
Einmal in den negativen Schlagzeilen ("Juan Carlos als Don Juan"), meldeten sich eine Belgierin und ein Spanier, die erklärten, uneheliche Kinder des Königs zu sein: Die 46-jährige Ingrid Seriau will von ihrer Mutter erfahren haben, dass Juan Carlos ihr Vater ist. Sie begann im Internet zu recherchieren und stieß dabei auf den Spanier Albert Solá (56), der ebenfalls ein uneheliches Kind des Königs zu sein glaubt. Die beiden unterzogen sich DNA-Tests, die den Nachweis erbrachten, dass Ingrid und Albert Halbgeschwister sind. Das Königshaus schweigt wie immer in solchen Fällen.
Reden müssen die Bourbonen aber im wohl peinlichsten ihrer Skandale. Königstochter Cristina und ihr Mann Iñaki Urdangarin stehen wegen einer Korruptionsaffäre vor Gericht. Dem Schwiegersohn wird vorgeworfen, die guten Kontakte als Mitglied der Königsfamilie genützt zu haben, um Millionen an Spendengeldern für eine Stiftung zu kassieren. Das Geld soll dann aber nicht wie geplant an bedürftige Kinder, sondern großteils in die eigene Tasche geflossen sein.
Für eine Abdankung
Kronprinz Felipe und seine Frau Letizia meiden jeden Kontakt mit Schwester und Schwager, um nur ja nicht an den Skandal anzustreifen. Schließlich rechnen sie mit einem baldigen Thronwechsel, zumal 62 Prozent der Spanier für eine Abdankung des auch gesundheitlich angeschlagenen Königs sind.
Der heute 76-jährige Juan Carlos hätte als Held in die Geschichte eingehen können. Das hat er aber gründlich vermasselt.
TV TIPP Mittwoch, 26. März,23.05 Uhr, ORF 2: Weltjournal + "Spanien – König ohne Volk".
Kommentare