Unbeeindruckt von der Metropole der Märchen promovierte sie "magna cum laude" (mit höchstem Lob) in Literatur an der renommierten Yale Universität. Sie spielte in 82 Filmen und führte in zehn Regie. Sie hatte schon immer viel zu sagen. Über die Industrie, die Politik und über ihr Land.
Unsere Zeit ist so turbulent. Wie denken Sie als Amerikanerin darüber?
Jodie Foster: Wir tendieren dazu, alles zu vereinfachen und in der gleichen Farbe zu streichen. Ich halte jede Verallgemeinerung für eine Beleidigung – und ich finde auch, Schauspieler sollten sich in ihren Kommentaren zurückhalten. Wir haben meist nicht die nötige Bildung, um uns als Aktivisten aufzuspielen. Ich sage nie, wen ich wähle, obwohl das offensichtlich ist.
Wenn es um die Waffengesetze geht, melden Sie sich aber stets zu Wort.
Ein Irrsinn, wie einfach das Töten von Menschen geht. Man verbraucht weniger Kalorien beim Abdrücken, als säße man vorm Fernseher. Eine Waffe gehört nicht in die Hände eines denkenden, fühlenden Menschen, schon gar nicht in die des Gegenteils davon.
Über den Umgang mit Ruhm sagten Sie mal: „Willst du nicht fotografiert werden, geh nicht ins Spago.“ 2001 drehten Sie mit Kristen Stewart, die ihre Tochter in „Panic Room“ spielte, und rieten deren Mutter, dem Mädchen die Schauspielerei auszureden. Das hat aber gar nicht geklappt. Wer ist schuld daran – auch die Medien?
Teilweise. Das Motto lautet; "Hebt schöne, junge Menschen in göttliche Sphären und holt sie vom Himmel, um sie zerbrechen zu sehen. Schaut, die sind genau so wie wir." Selten denkt man an manche Kindheit, die wir damit zerstören. Würde ich heute als junge Schauspielerin im Zeitalter von Social Media und ihrer Jagdlust überleben? Ich sage es wieder und wieder: Meine Karriere wäre zu Ende, bevor sie beginnt. Ich würde es emotional nicht schaffen. Die Figur Sarah Tobias hätte dann nie vor ihren Vergewaltigern getanzt (in "Angeklagt"), Claire Starling hätte auch nicht "Das Schweigen der Lämmer" mit Hannibal Lecter geteilt. Andere hätten es gespielt – aber hätten sie die Paparazzi, die ins Schlafzimmer schauen, und die Online-Angriffe und öffentlichen Verletzungen überlebt, ohne im einsamen Hotelzimmer an einer Überdosis zu sterben?
Sehen Sie Ihre Ära als Privileg?
Ich hatte irres Glück, dass ich in den 1960ern und 1970ern begann. Die Qualität der Filme in diesen Jahrzehnten ist bis heute einzigartig. Ich bin bis heute stolz auf alles, was ich damals drehte. Am allermeisten auf "Taxi Driver" (mit Robert De Niro, 1976). Und ich kann sagen, kaum jemals Jobs aus finanziellem Kalkül angenommen zu haben – die wenigen Ausnahmen bereue ich zutiefst. Die haben mich traumatisiert, ich habe die Lektion gelernt.
Was bewog Sie, Regie zu führen?
Ich fand mit "Das Wunderkind Tate" (1991) eine Geschichte, die mich so berührte, dass ich sie selbst erzählen wollte. Dass ich damit heute mit der Diskussion über geschlechtsspezifische Ungerechtigkeiten im Filmbusiness als Vorreiterin gelte, ist Zufall. Als ich als Schauspielerin begann, gab es gar keine Frauen hinter der Kamera. Höchstens als Script-Supervisor oder als Stylistin. In Europa gab’s viel mehr Regisseurinnen. In den USA sind Mainstream-Featurefilme die letzte Bastion, bei der die großen Studios noch nicht erkannt haben, dass sich etwas ändern muss, will man ein Publikum gewinnen, das sich nicht zu 50, sondern zu 65% aus Frauen zusammensetzt.
Welche Rolle spielt Geld für Sie?
Als Kind machte ich mir ununterbrochen Sorgen: Wenn ich eine Rolle nicht bekam, würde die Familie leiden. Ich war Hauptverdienerin. Ich machte mir keine Sorgen um die Karriere, nur, ob wir genug zu leben hatten. Das machte mich aber zu dem Menschen, der ich heute bin – die Antriebskraft, die Beste zu sein, das meiste zu lernen und lauter Einser zu bekommen.
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