"Mein Traum ist es, gegen Türen zu laufen und in Pools zu fallen"

Ein Mann mit Brille sitzt und hält eine Zigarette in der Hand.
Auftragskiller und Geheimdienste. Das ist der Stoff, aus dem der Film "Die Mamba" gemacht ist. In einer Doppelrolle: Michael Niavarani. Ein Gespräch über Bubenträume, Weltfrieden und Nias "Womanizer"-Image.

Eintrag in Michael Niavaranis Logbuch namens Facebook, datiert mit 17. März: "Also nochmal: nicht die Mama, sondern DIE MAMBA ist ab 10. April im Kino ... Also die Mama vielleicht auch, aber die schaut sich vielleicht nicht die Mama an, sondern ,Samba‘... Gruß, Nia!"

Für alle, die sich jetzt gar nicht mehr auskennen: "Die Mamba" ist eine Verwechslungskomödie mit viel Action. Unter der Regie von Ali Samadi Ahadi (bekannt durch "Salami-Aleikum") spielt Michael Niavarani darin eine Doppelrolle. Die des patscherten Geräusche-Designers Hossein Sarivi und jene des internationalen Top-Terroristen "Die Mamba". Die beiden werden miteinander verwechselt (siehe unten). Der KURIER traf den Schauspieler und Kabarettisten zum Gespräch.

KURIER: "Die Mamba" spielt mit Agentenfilmklischees – geht da ein Bubentraum in Erfüllung? Michael Niavarani:

Schon, auch. Aber mein Bubentraum war immer: Ich möchte mal in einen Swimmingpool reinfallen und gegen Vasen laufen und irgendwelche Dinge kaputt machen. Andere Schauspieler haben den Traum, Hamlet zu spielen. Mein Hamlet ist es, gegen Türen zu laufen und in Swimmingpools reinzufallen, also Slapstick. Der Bubentraum geht bei mir nicht in Richtung Held, sondern eher dahin, Dinge kaputt zu machen.

Ein Mann mit Brille sitzt entspannt in einem Ledersessel.
Michael Niavarani spricht über seinen neuen Kinofilm "Die Mamba" und sein neues Programm "Reset - Alles auf Anfang". Wien, 13.03.2014

Aber ist es nicht schwierig, patschert zu spielen? Oder muss man naturpatschert sein?

Nein, im Gegenteil, man darf nicht naturpatschert sein. Wenn man wirklich patschert ist, bringt man es nicht zusammen. Man muss nämlich zu dem Zeitpunkt umfallen oder was umhauen, wo es gerade notwendig ist. Dazu gehört eine viel größere Präzision als zum "Cool-sein". Wenn der Zuseher nur einen Hauch von dem Wollen mitkriegt, funktioniert es nicht mehr. Das ist harte Arbeit.

Sie erzählen ja gerne, dass Sie seit Ihrer Jugend den Drang haben, komisch zu sein.

Ja. Es hat mich nichts so sehr beruflich interessiert, wie Menschen zum Lachen zu bringen. Viele sagen zu mir, du bist so vielfältig. Ich sage: Ich bin überhaupt nicht vielfältig, ich kann nur eine einzige Sache, nämlich Menschen zum Lachen zu bringen.

Harte Arbeit waren auch die Actionszenen. Waren das Sie?

Natürlich nicht. Mit meinem Gewicht und meiner Kondition würde ich die Gesetze der Physik außer Kraft setzen, wenn ich einen Salto springen könnte. Was mir natürlich trotzdem ein großes Anliegen wäre, die Gesetze der Physiker außer Kraft zu setzen. Aber das geht leider nicht (lacht). Dafür gibt es gute Leute, die das können. Der Typ, der dieses Salto gemacht hat, der ist die coolste Sau überhaupt in meinen Augen. Der rennt einfach und dann macht er einen Salto über Stacheldraht.

Ein Mann mit Brille hält eine Zigarette in der Hand.
Michael Niavarani spricht über seinen neuen Kinofilm "Die Mamba" und sein neues Programm "Reset - Alles auf Anfang". Wien, 13.03.2014
Wären Sie gerne auch so?

Da bin ich ehrlich: Ich bewundere diese Menschen. Aber ich selbst würde lieber Hegel verstehen als über einen Zaun springen zu können. Traurig ist, dass ich beides nicht kann.

In der Rolle als Terrorist heißen Sie Mamba. Das ist eine schnelle, baumkletternde Giftschlange. Wie ist Ihr Verhältnis zu Schlangen?

Das ist relativ neutral. Ich fürchte mich nicht, aber ich würde mir auch keine Schlange als Haustier nehmen. Es gibt eine Szene in der ich eine gelbe Schlange – eine Python – um den Hals hatte und auf meinem Körper. Anfangs dachte ich, es kann sein, dass ich eine Panikattacke bekomme, weil ich das nicht aushalte, aber es war gar nicht so schlimm. Das sind schräge Lebewesen. Man glaubt, sie fühlen sich klitschig an. Aber sie sind staubtrocken und relativ kalt.

Welcher der beiden Charaktere ist Ihnen denn näher?

Mir ist natürlich der Sarivi näher, das spiele ich lieber. Im Laufe der Dreharbeiten war es dann aber so, dass es gewechselt hat. Dann war ich auch gerne die Mamba, aber wenn ich zu lange cool war, war mir das langweilig. Ich persönlich bin am ehesten eine Mischung von beiden.

Gut und Böse: In jedem Menschen wohnt ein Bösewicht und auch ein guter Teil ...

Ich glaube, dass man diese beiden Anteile nicht voneinander trennen kann. Weil man dann glaubt, dass der, der das Gute tut, ein anderer ist, als der, der das Böse tut. Aber der, der das Böse tut, ist genau derselbe wie der, der das Gute tut. Das heißt, es kommt einfach auf die Entscheidung im Moment an: Wofür entscheide ich mich? Entscheide ich mich für etwas, was ich selbst als gut erachte? Das kann für jemanden anderen dann noch immer böse sein. Oder entscheide ich mich für etwas Böses, das kann für jemanden anderen auch was Gutes sein. Es gibt Gut und Böse, so wie es in Filmen dargestellt wird, nicht. Das ist eine Frage der Ethik und der Moral.

Eine Frau und ein Mann sitzen an einem Tisch in einem Restaurant und unterhalten sich.
Michael Niavarani spricht über seinen neuen Kinofilm "Die Mamba" und sein neues Programm "Reset - Alles auf Anfang". Wien, 13.03.2014

Wie ist es, eine Waffe in der Hand zu haben?

Schräg. Ich war nicht beim Militär, ich war untauglich und war darüber froh. Am Anfang habe ich mit Plastikwaffen geprobt. Da schon denkt man sich: arg. Und spielt damit herum. Aber wenn man dann wirklich ballert, dann ist man am Anfang schockiert. Am meisten schockiert ist man darüber, dass das Spaß macht. Der Spaß hört auf, wenn vorne wirklich ein Projektil rauskommt.

Sie retten im Film ein bisschen die Welt – wovor müsste man aus Ihrer Sicht die echte Welt derzeit retten?

Zynisch gesagt: Die Menschheit müsste man gerade vor sich selbst schützen und von sich selbst befreien. Ich glaube aber, dass es nicht ein Ding gibt, an dem man festmachen kann: Wenn das jetzt nicht mehr ist, dann haben wir die Welt gerettet. Wie in Armageddon, wo der Asteroid ausgeschaltet wird und alles ist gut. Das ist ein Denken, das aus der Sehnsucht des Menschen kommt – das Leben soll einfach sein. Es ist aber komplex. Man muss die Welt gar nicht retten. Sondern wir müssen überlegen: Wie wollen wir auf diesem Planeten weiterleben? Was für ein Leben wollen wir den Menschen, die wir in diese Welt setzen, in Zukunft ermöglichen? Wie können wir in der globalisierten Welt, wo der Mensch, der in Bangladesch oder in Afrika ins Internet einsteigt und unsere Lebensweise sieht – wie können wir damit umgehen und damit leben, dass wir unsere Grenzen dicht machen? Denen zwar zeigen, wie wir leben, aber sie nicht hereinlassen und die auch noch unterdrücken und ausbeuten. Wir müssen anfangen umzudenken, und uns klar werden, wie wir unser Leben führen möchten.

Ein Mann mit Brille liest eine Zeitschrift in einem Sessel.
Michael Niavarani spricht über seinen neuen Kinofilm "Die Mamba" und sein neues Programm "Reset - Alles auf Anfang". Wien, 13.03.2014

Ihr Beitrag?

Es ist ja so, dass viele Menschen glauben, wenn sie irgendwelche ausgestorbenen Tomatensorten am Balkon züchten, dass dann das Ozonloch kleiner wird. Das ist nur zu unserer Beruhigung, ein Placeboeffekt. Fairtrade, etwa – das ändert doch nichts, das ist immer nur eine Placebolösung. Es gibt uns ein besseres Gewissen. Mein Beitrag kann der sein, dass ich zwar keine alten Tomatensorten züchte, aber dass ich versuche, das zu thematisieren und es auf die Bühne bringe.

Sie spielen im Film mit " Stromberg" Christoph Maria Herbst. Wiener Humor versus Deutscher Humor – wie geht sich das aus?Hervorragend! Der ist ein brillanter Komiker mit einem unglaublichen Gespür fürs Timing und einer unfassbaren Präzision. Er macht jeden Take haargenau gleich. Ich neige dazu, immer noch ein bissl herumzuexperimentieren und zu improvisieren. Wir sind uns da sofort entgegen gekommen. Ich bin ein bissl präziser geworden und er ist ein bissl lockerer geworden.

Vom Film zu Ihrem Theaterstück "Reset". Alles auf Anfang." Neu anfangen – ein spannender Gedanke, oder?

Irgendwer hat gesagt: Stell dir vor, der Mensch, mit dem du lebst, verliert sein Gedächtnis, du kannst aus dem machen, was du willst. Großartig! Das war der Ursprungsgedanke für dieses Stück. Da haben wir über eine Figur nachgedacht, deren Festplatte komplett leer ist. Da hat man nicht das Gefühl, dass man von vorne anfangt. Weil es fehlt ja die Erinnerung an das, was man bisher gemacht hat. Das heißt: Wenn ich mein Leben, so wie ich es bis jetzt gelebt habe, vergesse, ist das, was ich mache kein Neuanfang, sondern einfach ein Anfang. Ich bleibe derselbe Mensch, wahrscheinlich würde ich daher genau dieselben Sachen machen. Noch einmal anfangen? Wenn ich mit der heutigen Erfahrung, mit 46, noch einmal von vorne anfangen müsste, wäre ich wahnsinnig müde, weil ich ja schon 46 bin.

Porträt eines Mannes mittleren Alters mit Brille und grau meliertem Haar.
Michael Niavarani spricht über seinen neuen Kinofilm "Die Mamba" und sein neues Programm "Reset - Alles auf Anfang". Wien, 13.03.2014
Wie findet man zum Komisch-Sein einen Ausgleich?

Was mich lustigerweise entspannt ist das Lesen von Sachbüchern zu Themen, die mich interessieren. Wenn ich mich mit irgendwelchen Büchern über Quantenphysik beschäftige, dann verstehe ich sie zwar nicht, aber es entspannt mich sehr.

Mathematisch untalentiert oder talentiert gewesen?

Untalentiert. Ein sehr guter Freund von mir ist ein brillanter Mathematiker, der war in der Schule so, dass er einen Riesenterm gesehen und nach eineinhalb Minuten gesagt hat: X ist vier. Das ist eine Art von Denken und intuitivem Empfinden. Wie bei der Kunst, entweder hast du das Talent, ein Bild zu malen oder du hast es nicht.

Wenn ich Michael Niavarani google, ist eine der häufigsten Suchanfragen: " Michael Niavarani, Freundin". Sie werden gerne als Womanizer dargestellt – wie lebt es sich damit?

Ein Mann mit Brille raucht eine Zigarette in einem Innenraum.
Michael Niavarani spricht über seinen neuen Kinofilm "Die Mamba" und sein neues Programm "Reset - Alles auf Anfang". Wien, 13.03.2014
Das mit dem Googeln kann ich leicht beantworten, Das bin alles ich. Ich google dauernd " Niavarani Freundin", weil ich nie weiß, wo sie ist (grinst). Sonst ist mir das wurscht, aus tiefstem Herzen. Ich stelle mir bei solchen Geschichten über mich die Frage: Wann kommt der Bus mit den Leuten, die das interessiert? Aber ich kann nachvollziehen, dass das Private interessiert. Weil man wissen möchte, was das für ein Mensch ist. Und: Ham die schon, ham die noch net? Es wäre interessant, ob jemals wissenschaftlich erforscht wurde, warum wir von der Evolution damit ausgestattet wurden. Es existiert eine Gossip-Neugierde. Es muss uns im Laufe der Evolution einen Vorteil gebracht haben, dass wir uns fragen: Ham die zwei schon miteinander gepudert oder nicht? Das wäre eine interessante Dissertation.

James Bond schwingt im Film mit – wäre das etwas für Sie?

Nein, weil ein James Bond ist kein dicker Perser, sondern ein schlanker Engländer.

Martini – geschüttelt, gerührt?

Meine Oma hat immer Martini getrunken, die hat mir den ersten mit acht Jahren angeboten. Er schmeckt mir bis heute nicht.

Der Film Sarivi Hossein (Michael Niavarani) ist ein einfacher Mann, unauffällig und auf gewisse Weise "unglücklich". Seinen Job als Geräuschdesigner in einer Keksfabrik hat er gerade verloren, außerdem steht er unter der Fuchtel seiner Ehefrau (Proschat Madani). Doch wie das Filmleben so spielt, wird just Sarivi auf wirren Wegen mit dem international gesuchten Top-Terroristen "Die Mamba" verwechselt (ebenfalls Niavarani). Er gerät so ins Visier des etwas zwänglerischen Agenten Bronski, gespielt von "Stromberg"-Darsteller Christoph Maria Herbst. Sarivi muss in der witzigen Actionkomödie natürlich auch ein bisschen die Welt retten. Gedreht wurde in Wien und Marokko.

Ein Mann und eine Frau zielen mit Waffen in einem Raum mit grüner Beleuchtung.
Film, Die Mamba, Michael Niavarani

Michael Niavarani wurde am 29. April 1968 als Sohn einer Österreicherin und eines Persers in Wien geboren. Er ist in Wien aufgewachsen. Schon während seiner Schulzeit spielt Nia Theater. Der Rest ist "Geschichte": Graumanntheater, Simpl, Kabarett, Theater, Film und Fernsehen. Auch als Buchautor ist Nia erfolgreich, er schrieb zwei Bestseller. Seit 2011 ist Niavarani Intendant der Festspiele Berndorf – derzeit wird dort die Komödie "Reset – Alles auf Anfang!" gezeigt.

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