Die ultimative Pariserin, die einmal Yves Saint-Laurents Muse war, ist 80 und trotz eines Schlaganfalls vor vier Jahren noch aktiv: ihr neuester Film „Funny Birds“ soll Anfang 2024 herauskommen.
KURIER: Sie werden immer als Grande Dame des europäischen Kinos bezeichnet. Was bedeutet Ihnen dieser Titel?
Catherine Deneuve: Ganz ehrlich, ich verstehe ihn nicht ganz. Ich fühle mich nicht ,grande‘, das Wort ist zu groß für mich. Ich bin eine Schauspielerin und ich arbeite. Ich habe mich auch nie stark gefühlt, obwohl man mich immer so genannt hat. Aber ich freue mich, dass in Europa solche Dinge noch über Schauspielerinnen gesagt werden, die über 50 sind. Hier gelten wir noch etwas.
Haben Sie einen Lieblingsfilm oder einen Lieblingsregisseur?
Das wäre sehr unfair, wenn ich mich wirklich auf einen festlegen würde – vielleicht Jacques Demy ( 1990) und ,Die Regenschirme von Cherbourg‘, weil das ein so wichtiger Film für mich war. Der hat meine Karriere gemacht, hat sie in eine bestimmte Richtung gelenkt, die sie vorher und auch ohne diesen Film nicht hätte. Aber es ist schwer, zwischen Jacques Demy, Francois Truffaut (1984), Luis Buñuel (1983) und Roman Polanski einen Bestimmten hervorzuheben. Was stimmt, ist, dass ich ohne sie nie Schauspielerin geblieben wäre. Sie alle haben meine Leidenschaft für diese Arbeit entfacht.
Und Schauspielerinnen, die Sie mögen?
Cate Blanchett, Kate Winslet. Ich finde Cameron Diaz ist eine großartige Komödiantin, sehr, sehr witzig. Aber meine größte Bewunderung galt immer Marilyn Monroe ( 1962), sie konnte einfach alles. Es gab nichts, worin sie nicht großartig war.
Sie wurden in Amerika sehr bekannt, haben sich aber immer geweigert, Frankreich zu verlassen, obwohl Ihnen das von vielen angeraten wurde, um Ihre Karriere zu fördern. Was war der Grund?
Ich habe nie einen Sinn darin gesehen. Hollywood ist ein Ort zu arbeiten, nicht zu leben. Drehbücher aus Hollywood erreichen mich auch via Post, und glauben Sie mir, von allen Drehbüchern, die ich bekommen habe, waren die amerikanischen nicht die besten.
Sie haben sich immer gewehrt, sich vor einen politischen Karren spannen zu lassen, und waren mal richtig wütend, als jemand Sie fragte, ob Sie für Nicolas Sarkozy stimmen…
Ich verstehe Schauspieler nicht, die den einen oder anderen Kandidaten befürworten und das öffentlich sagen. Ich fände das sehr seltsam, wenn Leute für jemanden stimmen, nur weil ein Schauspieler ihnen das sagt. Ich sage nie, für wen ich wähle, aber ich engagiere mich sehr wohl für Hilfsorganisationen, besonders Reporters sans Frontiers (Reporter ohne Grenzen), die Leute aus Krisengebieten holen und Ungerechtigkeiten öffentlich machen. Menschenrechte schützen halte ich für das Wichtigste in der Welt. Und mein Engagement ist heute nicht stärker, als es vor 25 Jahren war, ich mache das nicht, weil es auf einmal in Mode ist.
War es immer klar, dass Ihre Tochter Chiara ebenfalls in die Fußstapfen ihrer Eltern tritt?
Ich denke, das Talent war da, aber wir haben ihr alle Freiheit gelassen, ihren Lebensweg selbst zu wählen. Sie ist mit zwei sehr berühmten Elternteilen aufgewachsen, aber das ist ihr nie zu Kopf gestiegen, denn sie ist hochintelligent. Sie ist mehr italienisch als französisch, sie hat den italienischen Humor ihres Vaters geerbt.
Sie sind vierfache Großmutter, wie gefällt Ihnen diese Rolle?
Sehr, ich liebe das, bin ganz verrückt nach ihnen. Ich bin immer für meine Familie da, was immer sie brauchen, sie können zu mir kommen und auf mich zählen. Der Moment, in dem meine erste Enkelin auf die Welt kam, gilt als einer der glücklichsten in meinem Leben.
War das Altern für Sie je ein Problem?
Nein, warum auch. Ich schaue auf mich, genieße mein Leben, auch wenn ich nicht arbeite, gehe ins Theater, treffe Freunde, trainiere ein wenig, sehe meine Familie und versuche, nicht so viel auf Äußerliches zu wert zu legen. Alles andere wäre doch nur ein Akt der Verzweiflung.
Sind Sie nostalgisch? Was war die beste Zeit in Ihrem Leben?
Ich bin nicht nostalgisch, aber ich kann manchmal melancholisch sein. Die 1970er waren eine wunderbare Zeit, aber wir wussten das damals nicht, wussten nicht, was danach kommen würde.
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