Schlierenzauers Ziele

Ein Skispringer in der Luft vor dunklem Hintergrund.
In drei Wochen beginnt in Lillehammer die Skisprung-Saison: Gregor Schlierenzauer über seine Saison- und seine Karriere-Ziele.

Die Olympiaschanzen in Lillehammer werden in nur drei Wochen Schauplatz des Auftakts des Skisprung-Weltcups sein. Der Sommer stand für die Athleten im Zeichen der Umstellung auf die neuen, engeren Anzüge, die nach dem vom Weltverband nochmals revidierten Reglement nun maximal zwei Zentimeter vom Körper abstehen dürfen. Zunächst war beschlossen worden, dass sie hautnah geschneidert sein müssen.

Weltmeister Gregor Schlierenzauer hatte sich deshalb brieflich an die FIS gewandt. Der kommenden WM-Saison blickt der 22-jährige Tiroler dennoch recht entspannt entgegen.

Nach einer Umstellung im Konditionstraining arbeitete Schlierenzauer im Frühjahr vor allem an der Ausdauer ("Ich bin jetzt so fit wie noch nie") und begann erst später als seine Kollegen mit dem Krafttraining. "Das war heuer ein sehr toller Weg. Jetzt gilt es das im Skispringen umzusetzen", sagte der Tourneesieger.

Die Herausforderung durch die neuen Anzüge hat das ÖSV-Team, das weiterhin auf Stützpunkttraining setzt, noch enger zusammenrücken lassen. "Die anderen wollen uns überholen. Das spüren wir natürlich, rücken zusammen und versuchen, wieder einen Schritt voraus zu sein", erklärte der dreifache Weltmeister von Oslo 2011.

Das größte Saisonziel des Stubaitalers ist es, konstant gut zu springen. Seine Karriere plant er vorerst bis zu den Winterspielen in Sotschi. Bis dahin will Schlierenzauer seine längerfristigeren Ziele erreicht haben: Den Finnen Matti Nykänen mit sieben weiteren Weltcupsiegen und dann 47 Erfolgen als erfolgreichsten Skispringer der Geschichte abzulösen und 2014 Einzel-Olympiagold zu erobern.

Die Spitzenleistungen schlagen sich auch mit Preisgeld und Prämien zu Buche. Sein Traum seien ein Haus und Kinder, seinen Kontostand kenne er aber gar nicht, sagte Schlierenzauer. Darum kümmern sich sein Vater und sein Manager und Onkel Markus Prock. Abgehoben hat der ruhige und naturverbundene Stams-Absolvent, der noch bis Februar in der Wiener Leica Galerie eigene Fotografien ausstellt, keineswegs. "Es ist sehr schön, wenn man finanziell unabhängig ist, aber das ist nicht das Nonplusultra."

Gregor Schlierenzauer über ...

... die Umstellung auf neue Sprunganzüge im Sommer und deren Auswirkung: "Es war heuer ein sehr interessanter, aber sehr intensiver Sommer durch die Testerei der Anzüge. Die Druckverhältnisse in der Luft verschieben sich, da war es für mich wichtig, in Ruhe mit dem Coach daheim ein Paket zu schnüren, um für den Winter gerüstet zu sein. Einige Wettkämpfe im Herbst reichten, um einen Vergleich zu haben. Ich bin nicht sicher, wie sich das mit den Anzügen im Winter entwickelt. Wenn einmal die Dichte nicht so hoch ist und man drei Luken mehr Anlauf hat, kann es passieren, dass man gar nicht mehr abspringen muss und auch so ins Fliegen kommt. Aber grundsätzlich muss man ein athletischer Typ sein und die Sprünge müssen am Tisch am Punkt sein."

... das veränderte Konditionstraining: "Ich bin heuer einen ganz anderen Weg gegangen und habe mehr Ausdauer trainiert, um meine gesamte körperliche Fitness nach oben zu schrauben. Die letzten Jahre haben gezeigt, wenn ich zu früh mit dem Krafttraining beginne, bin ich im Herbst nicht mehr so heiß. Ich wollte nicht im April schon wieder in der Kraftkammer stehen und nicht wieder in einen Trott reinfallen. Irgendwo wird es überbewertet, das Krafttraining. Wenn man mit gesundem Hausverstand trainiert, dann kommt man normal schon sehr weit. Ich bin eher der Typ der Natur und habe vom Training her neue Reize gesucht. Das war heuer ein sehr toller Weg, aber man muss sich da erst drübertrauen. Ich bin so fit wie noch nie, jetzt gilt es, das im Skispringen umzusetzen."

... den verstärkten Teamgeist: "Durch die neuen Anzüge tut sich jeder noch schwerer und mir kommt vor, da entwickelt sich ein noch gewaltigerer Teamspirit. Das taugt mir natürlich. Trainerteam und Athleten rücken noch näher zusammen, denn die anderen wollen uns überholen. Das spüren wir natürlich und versuchen, wieder den Schritt voraus zu sein. Alle, die viel gewinnen, brauchen auch die Herausforderung, sonst wird man vielleicht etwas schwammig. So will man es einfach jedes Mal wieder wissen."

... seine größten Ziele: "Das größte Ziel für kommende Saison sind konstante Sprünge. Matti Nykänen zu überholen ist ein längerfristiges Ziel. Es ist das Größte, was man in seiner Sportart erreichen kann, in der ewigen Liste die Nummer 1 zu werden. Sechs Siege fehlen noch, das kann heuer passieren oder auch nicht. Da habe ich null Zeitdruck. Das ist das Genialste, dass ich so jung bin. Das muss man einmal realisieren, wo man eigentlich steht. Das gibt mir extra Motivation, den will ich schon überholen."

... die Reaktion auf Trubel um seine Person bei Großereignissen: "Ich merke, dass ich mich selbst erwische: Was passiert da eigentlich mit mir, muss das alles sein? Dann genieße ich es, einfach abzuschalten. Ich mache das, was mir wieder Kraft gibt. Ich bin ein eher ruhiger Typ, nicht der, der bei jeder Party dabei ist. Ich genieße es, wenn viel los ist, einen Gegenpol zu haben und Ruhe für mich allein zu haben. Das ist für mich wichtig. Man muss das alles (den Jubel um seine Person, Anm.) aber auch schätzen lernen. Es ist wirklich ein Privileg, was ich erleben darf. Das Größte ist es, innerlich zufrieden zu sein."

... über Preisgelder und Prämien: "Es ist ein Riesenvorteil, dass ich da null Einblick habe. Markus (Prock, Manager und Onkel, Anm.) und mein Papa machen das sehr gut. Ich wüsste auch gar nicht, was ich auf dem Konto habe. Mein Traum ist es, ein gewaltiges Haus zu haben und Kinder. Es ist sehr schön, wenn man finanziell unabhängig ist, aber das ist nicht das Nonplusultra. Natürlich ist es eine Luxussituation, wenn man shoppen geht und sich eine Jean um 110 Euro kaufen kann. Das haben aber auch sehr wenige. Das merke ich dann, wenn ich daheim mit Freunden beisammen bin. Wenn wir gut essen gehen, genieße ich es, sie einzuladen, denn ich weiß, es ist nicht selbstverständlich."

... seinen Karriere-Ausblick: "Fernziel ist natürlich Sotschi 2014. Viel weiter möchte ich nicht vorausblicken, denn es kann auch von heute auf morgen vorbei sein, wenn eine schwere Verletzung kommt. Es ist wichtig, dass man ein Ziel hat und dann wird man sehen, ob eine neue Zeitrechnung kommt. Das lasse ich auf mich zukommen. Solange ich das Feuer in mir habe und gesund und erfolgreich bin, werde ich dem Sport treu bleiben."

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