Missbrauchsskandal: ÖSV beschließt Maßnahmenpaket

Symbolbild - ÖSV
Als Reaktion auf die schweren sexuellen Übergriffe in der Vergangenheit verabschiedete die Präsidentenkonferenz eine Reihe von Präventivmaßnahmen.

Der Österreichische Skiverband (ÖSV) setzt erste Maßnahmen als Reaktion auf die Enthüllungen der letzten Tage: Nachdem Ex-Skiläuferin Nicola Werdenigg (vormals Spieß) über schwerwiegende Fälle von sexuellem Missbrauch im ÖSV in den 1970er-Jahren berichtet hatte, verabschiedete die Präsidentenkonferenz am Mittwoch ein Paket von Präventivmaßnahmen:

1.) Der 2015 installierten Damenbeauftragten Petra Kronberger wird Vizepräsidentin Roswitha Stadlober zur Seite stehen.

2.) Alle Betreuer werden noch einmal aufgefordert, die Aktiven mit dem nötigen Respekt zu behandeln.

3.) Bei Trainerausbildungen wird dem Thema ein noch breiterer Raum eingeräumt.

4.) Bei Bekanntwerden eines Verstoßes wird mit aller Härte durchgegriffen.

Werdenigg sprach am Mittwochabend in einem Interview in der ORF-Sendung "ZiB 2" ausführlich zu ihren Vorwürfen geäußert. Zudem berichtete Werdenigg auch von einem Fall, der erst rund zwölf Jahre zurückliegen soll. Der ÖSV recherchiert dazu aktuell mit drei Leuten und möchte dazu im Laufe des Donnerstags ein Statement veröffentlichen.

Ex-Damenchef dementiert Vorfall 2005

Werdenigg bezweifelt, dass die Thematik nur ihre aktive Zeit betrifft. "Ich glaube nicht, dass es vorbei ist. Ich kenne selbst einen Fall aus 2005, der sogar an die Mannschaftsführung herangetragen wurde." Werdenigg sprach dabei den "Damenchef und ein noch höherer Funktionär" an.

Damaliger Damenchef war Herbert Mandl. Dieser wurde am Donnerstag von der "Kleinen Zeitung" (online) erreicht. Der von 2002 bis 2013 in dieser Funktion tätige Rennsportleiter der Damen dementierte dies heftig. "Ich kann nur über meine ganze Amtszeit als Damentrainer sagen, dass ich nie von sexuellen Übergriffen gehört habe oder Informationen darüber bekommen habe. Das weise ich auf das Schärfste zurück. Das ist überhaupt nicht denkbar!"

Der Leiter der Ski-Akademie in St. Christoph erzählte, dass es auch damals schon klare Richtlinien im Umgang mit den Damen gab. "Die Vorgabe der respektvollen Behandlung und die Warnung an alle, die Damen vorsichtig zu behandeln, das war schon in der Trainerausbildung und Besprechung immer Thema", so Mandl.

"Absolut inakzeptabel"

ÖSV-Vizepräsident Michael Walchhofer, selbst zwischen 1999 und 2011 im Weltcup aktiv, betonte gegenüber dem Standard, in seiner aktiven Zeit von sexuellem Missbrauch "gar nichts mitbekommen" zu haben. Er wolle jedoch auch nicht ausschließen, dass es Vorfälle gegeben haben könne.

Die Berichte von Werdenigg und einer weiteren namentlich nicht genannten Weltcupläuferin von schweren Übergriffen bis hin zu Vergewaltigung nannte Walchhofer "absolut inakzeptabel". Es sei "wichtig, dass das aufgearbeitet wird, und es ist wichtig, dass man sensibilisiert", so Walchhofer. Er erwarte in dieser Hinsicht viel von Petra Kronberger.

Werdenigg nennt keine Namen

Im Interview mit dem ORF sprach ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel davon, dass sich die Zeiten geändert hätten. Es seien Zeiten gewesen, "in denen die Menschen und die Kinder, die Buben, anders behandelt wurden." Und in Richtung Nicola Werdenigg sagte er: "Das Problem ist, dass alle Mannschaftskollegen beschuldigt werden." Die heute 59-Jährige solle Namen nennen.

Das allerdings wird Werdenigg nicht tun. "Dafür habe ich keine rechtliche Grundlage mehr", sagte sie im ZiB-2-Interview. In Richtung des ÖSV-Präsidenten sagte sie aber: "Ich kenne einen Fall aus dem Jahr 2005, der an die Mannschaftsführung herangetragen wurde. Das hätte Schröcksnadel wissen müssen."

Viele Frauen hätten in den vergangenen Tagen mit ihr geredet, hätten ihr Mut zugesprochen und sich bei ihr bedankt. "Mir sind bei einigen Geschichten die Tränen gekommen", sagte sie. "In manchen Gegenden gab es ein Aufnahmeritual: Das Einschmieren der Genitalien mit Schuhpaste. Wer das nicht mehr weiß, hat es vergessen oder verdrängt."


Die KURIER-News vom 21.11.2017

ÖSV-Präsidentenkonferenz setzt Präventionsmaßnahmen
+++ MitarbeiterInnen werden zusätzlich sensibilisiert +++

Breiten Raum nahm das 45 Jahre zurückliegende Thema "sexuelle Übergriffe im Sport" von Nicola Werdenigg (gebürtige Spieß) bei der heutigen ÖSV-Präsidentenkonferenz in Innsbruck ein. Einhellig die Meinung aller Anwesenden:

Als Präventionsmaßnahmen wurden folgende Punkte festgelegt:

- Der bereits 2015 von Präsident Prof. Peter Schröcksnadel installierten Damenbeauftragten Petra Kronberger wird Vizepräsidentin Roswitha Stadlober im Bedarfsfall zur Seite stehen.

- Alle Trainer, Betreuer und Masseure werden noch einmal entsprechend informiert und aufgefordert, die Aktiven immer und überall mit dem nötigen Respekt zu behandeln.

- Bei Trainerausbildungen wird diesem Thema künftig ein noch breiterer Raum als bisher eingeräumt.

- Bei Bekanntwerden eines Verstoßes wird mit aller Härte durchgegriffen.

Der Verband wird weiterhin alle ihm möglichen Maßnahmen treffen, um eventuelle Übergriffe, sexuelle Belästigungen etc. präventiv zu verhindern.

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