Der große Heim-Nachteil

The second ist the first loser", heißt es in den USA. Der Zweite ist also der erste Verlierer. So gesehen zählt Lindsey Vonn, jene ehrgeizige Athletin, die angetreten war, um vor Heimpublikum zu zeigen, was sie kann, zu den Verliererinnen der Weltmeisterschaft. Weder im Super-G noch in der Abfahrt gelang die ersehnte Goldmedaille. Lindsey Vonn wurde Dritte im Super-G, am Freitag in der Abfahrt erreichte die 30-Jährige mit dem Spitznamen "Speed-Queen" gar nur die fünftbeste Zeit. Enttäuscht schnallte sie ihre Skier ab. So hatte sie sich das nicht vorgestellt.
Dass sie das Zeug dazu hat, Abfahrten zu gewinnen, hat Lindsey Vonn längst bewiesen. Um genau zu sein, 32-mal im Weltcup, ein Mal bei Olympischen Spielen (2010) und ein Mal auch bei einer Weltmeisterschaft (2009). Der WM-Titel in der Abfahrt in Beaver Creek schien für sie reserviert zu sein. Aber vor Heimpublikum wollte es der erfolgreichsten Dame der Ski-Geschichte (64 Weltcup-Siege) nicht so recht gelingen. Auch wenn die 30-Jährige nicht müde wurde zu betonen, wie locker und "happy" sie sei. Der Druck, in den USA bestehen zu wollen, ging auch an einer Lindsey Vonn nicht spurlos vorbei.
Relativ glücklich
"Ich bin heute nicht auf die Art Ski gefahren, wie ich es kann", sagte Vonn, um gleich darauf mehrmals zu versichern, dass ihr das Lachen dennoch nicht vergangen sei. Es gebe Wichtigeres im Leben, Gesundheit und Familie zum Beispiel, wurde die größte Medaillenhoffnung im US-Damenteam nicht müde zu betonen. "Außerdem habe ich ja noch zwei Rennen bei dieser Weltmeisterschaft", sagte Vonn, die in der Kombination (Montag) und im Riesentorlauf (Donnerstag) an den Start gehen wird. In beiden Bewerben allerdings nur mit Außenseiterchancen.
Ihren letzten Riesenslalom hat Vonn im Jänner 2013 in Maribor bestritten. Mit Erfolg: Sie siegte vor Tina Maze und Anna Fenninger. Danach folgte die Verletzungspause (zwei Kreuzbandrisse). In der Kombination liegt der letzte Start im Weltcup sogar noch länger zurück (2012 in St. Moritz). "Mal schauen, wie ich durch die Slalom-Stangen komme", scherzte Vonn, die sich im Klaren darüber ist, dass ihre Paradedisziplinen bereits absolviert sind.
Unbefriedigende Bilanz
Bislang ist es noch nicht die WM des US-Skiteams, das noch vor zwei Jahren in Schladming die Medaillenwertung für sich entschieden hatte (vier Goldmedaillen). Ein dritter Platz durch Vonn, das ist die magere Ausbeute nach drei Rennen. Und dabei waren die Amerikaner mit großen Ambitionen und Erwartungen in die Heim-WM gestartet. Verbandschef Gale H. "Tiger" Shaw schwärmte vom "stärksten US-Team aller Zeiten" und wähnte sich als "Glückspilz", Alpinchef Patrick Riml hob die Lockerheit seiner Sportler hervor. Und immerhin wird das Sportereignis erstmals im ganzen Land live übertragen.
Der durchwachsene Start erhöht nun freilich den Druck auf die US-Techniker, die für ein versöhnliches Ende sorgen müssen. Allen voran die Titelverteidiger Mikaela Shiffrin (Slalom) und Ted Ligety (Riesentorlauf).
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